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CSR 2023 – Corporate Social Responsibility

Was ist dieses CSR? Worauf bereiten sich Unternehmen 2023 vor? Und was müssen Bewerber wissen?

Angebot und Nachfrage regeln den Markt und die Nachfrage nach einer schier unendlich großen Produktvielfalt und Verfügbarkeit von Waren ist, der Globalisierung sei dank, gegeben. Doch wo ist er hin? Der ehrbare Kaufmann, der eine humanistische Grundbildung besitzt und sich von Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Mäßigung, Weitblick und Redlichkeit leiten lässt. Er ist sich der gesellschaftlichen Folgen seines Tuns bewusst und übernimmt Verantwortung für sein Handeln. Und genau dort wollen Unternehmen wieder hin. Aber nicht nur des Klimaschutzes und der sozialen Verantwortung wegen. Arbeitgeber wollen sich, hinsichtlich des Fachkräftemangels, auch interessant für potenzielle neue Mitarbeiter und Hochschulabsolventen machen. CSR regelt! Aber was heißen diese drei Buchstaben eigentlich? Wen braucht es? Und was bringt's?

CSR What?­

Studierenden der Wirtschaftswissenschaften ist der etwas sperrige Begriff »Corporate Social Responsibility«, kurz CSR, sicher ein Begriff. Bereits in den 50er Jahren wurde der Begriff durch Howard R. Bowen entwickelt und bekam, aufgrund von vermehrt auftretenden Umwelt- und Humankatastrophen, zunehmend Aufmerksamkeit. Auf das Wichtigste heruntergebrochen definiert heutzutage das Gabler Banklexikon »CSR« folgendermaßen: Unternehmen sollen sowohl in sozialer als auch in ökologischer Hinsicht, nachhaltig handeln. »Tatsächlich wird der Begriff von der aktuellen Diskussion im Kontext des ›new green deal‹ der EU und der dazugehörigen EU-Taxonomie-Verordnung von den sogenannten ›ESG‹-Kriterien zunehmend verdrängt«, weiß Prof. Annette Kleinfeld. Sie forscht zu den Themen CSR und Wirtschafts- und Unternehmensethik an der HTWG Konstanz. ESG steht hierbei für Environmental, Social, Governance. »Inhaltlich beziehen sich die ESG-Kriterien auf dieselben Themen, haben ihren Ursprung allerdings im Kosmos börsennotierter Unternehmen, die unter diesen Gesichtspunkten von Rating-Agenturen bewertet werden«, erklärt die Professorin der HTWG Konstanz, »und einen nicht unerheblichen Einfluss auf die klassische ökonomische Leistungsfähigkeit von Unternehmen hat und folglich auch für Investoren relevant ist.« In der Theorie gebe es den Begriff CSR laut Prof. Kleinfeld aber nach wie vor. Steve Grundig definiert CSR folgendermaßen: »Corporate ist das Unternehmen, Social ist nicht ›sozial‹ sondern ist mit Gesellschaft zu übersetzen. Responsibility ist die Verantwortung. Ich würde das als Unternehmensverantwortung für die Gesellschaft übersetzen. Unternehmen sollen für aufgebrachte Sozial- und Umweltfragen Antworten liefern. Heißt: Verantwortung übernehmen, für Folgen, die sie verursachen und darüber hinaus positiv für die Gesellschaft wirken. Eben ein verantwortungsvoller Akteur unserer Gesellschaft sein.« Er ist Mitgründer von »plant values« und im Unternehmensbereich Ethik, CSR und Wertemanagement tätig. Der Gedanke, der hinter den drei Buchstaben steckt, existiert schon lange. Steve Grundig weiß: »Einerseits gab es das früher vor allem bei kleinen Betrieben oder Familienunternehmen, wo oftmals schon hohe Verantwortung für das direkte Umfeld und die Mitarbeitenden übernommen wurde – ohne dass man das als CSR-Management bezeichnet hat. Das kam eher aus einem Selbstverständnis heraus und einer hohen Verbundenheit zur Heimatregion oder eben, dass man Mitarbeitenden und deren Familien persönlich kannte.« Er beobachte aber, dass CSR heutzutage einen veralteten Begriff darstelle. Laut ihm sei heute eher von Nachhaltigkeitsmanagement die Rede, was im Gegensatz zu CSR auch leichter verständlich ist. »Immer häufiger kommt die Abkürzung ESG zum Tragen, also die nachhaltige Art der Geschäftsführung. Aus der Praxissicht würde ich sagen, werden die Begriffe sinngemäß gleich genutzt«, fügt er noch hinzu. Annette Kleinfeld erklärt: »Ein Ersatz für ›CSR‹ kann darin aus wissenschaftlicher Sicht allerdings nicht gesehen werden, weil diesem das unternehmensethische Konzept der unternehmerischen Verantwortung zugrunde liegt und damit auch eine moralische Verpflichtung von Organisationen, sich mit diesen Themen zu befassen – ob es nun für ihren ›output‹ oder die Bewertung durch Finanzinstitutionen relevant ist oder nicht. Gerade für kleine, mittelständische oder mittelständisch geprägte große, z. B. Familienunternehmen, spielt die Wahrnehmung ihrer Verantwortung in einem umfassenderen Verständnis, das neben Kunden die eigenen Mitarbeiter, Partner und seit Mitte des 20. Jhd. mehr und mehr auch die Umwelt beinhaltet, primär aus eigener Überzeugung, als Ausdruck ihres unternehmerischen Selbstverständnisses oder ihres tradierten Wertefundaments eine wichtige Rolle. Natürlich nicht für alle, aber nach meiner Erfahrung für die Mehrheit der erfolgreichen, gut geführten Unternehmen unter ihnen. Nicht umsonst gehören namhafte Vorbilder und entsprechend ausgezeichnete Unternehmen in diesem Bereich zu eben dieser Kategorie von Unternehmen. Sie alle haben bereits in den 1990er Jahren damit begonnen, sich mit ihrer unternehmenseigenen Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt proaktiv auseinanderzusetzen. Eine eindeutige und zugleich international konsensfähige Definition von CSR, die auf dem Verantwortungsbegriff aufbaut, wurde leider erst 2010 mit der ersten internationalen Norm zum Management dieser Verantwortung veröffentlicht: mit der ISO 26000. Darin wird zum ersten Mal deutlich gemacht, dass es bei CSR nicht allein um Spenden, gemeinnütziges Engagement oder karitative Projekte in der Region geht, sondern in erster Linie darum, für die vorhersehbaren ebenso wie für die langfristigen Auswirkungen des eigenen Handelns und Entscheidens als Unternehmen gegenüber allen relevanten Anspruchsgruppen und der Gesellschaft insgesamt gerade zu stehen.«

Was Mitarbeiter wollen

In der aktuellen Studie »Gen Z is Talking. Are you Listening« des Consulting-Unternehmens PwC wird deutlich, dass junge Talente der Geburtenkohorte von 1997 bis 2012, ihren künftigen Arbeitgeber danach aussuchen, wie das Arbeitsumfeld gestaltet ist. Dabei spielen vor allem sozialer und kultureller Rückhalt im Unternehmen eine große Rolle. »Viele Menschen suchen in Zeiten von Biodiversitäts- und Klimakatastrophen auch gezielt nach Arbeitsstellen, in denen sie einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten können. Der Eindruck wird auch von verschiedenen, breit angelegten Umfragen zu dem Thema gestützt. Diese haben ergeben, dass im Schnitt jede zweite Person bei einem Jobwechsel gezielt nachhaltige Unternehmen sucht und jede dritte dafür auch weniger Gehalt in Kauf nimmt«, unterstreicht Steve Grundig. Professor Kleinfeld hat einen ähnlichen Eindruck. Bei dem Punkt der Vergütung würde sie allerdings nicht so weit gehen. »Die Vergütung erbrachter Leistungen gehört ja bekanntlich zu den sog. ›Hygiene-Faktoren‹, d. h. eine angemessene oder als solche empfundene Entlohnung ist eine Voraussetzung, damit man überhaupt einen bestimmten Job annimmt oder im Unternehmen bleibt. Wenn aber zwei Arbeitgeber miteinander konkurrieren, bei denen diese Grundbedingung erfüllt ist, dann hat heutzutage definitiv der die Nase vorn, der sich – wohlgemerkt glaubhaft – auch seiner gesellschaftlichen Verantwortung stellt oder nachweislich schon seit Längerem gestellt hat«, so Annette Kleinfeld von der HTWG Konstanz. Aber nicht nur auf Arbeitnehmer- sondern auch auf Arbeitgeberseite gewinnt das Thema Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung. Der »plant values«-Mitgründer rät deshalb allen weitsichtigen Entscheidern sich »ernsthaft und tiefgreifend mit Nachhaltigkeit, den Chancen und Risiken, zu beschäftigen«. Annete Kleinfeld ergänzt, dass viele Unternehmen erst jetzt CSR bzw. ESG »entdecken«. Vor diesem Hintergrund lohne sich verantwortliches Handeln scheinbar als Invest in die Arbeitgeber-Attraktivität. Frau Kleinfeld dreht das Ganze sogar um und meint wer glaube, diese Themen auch künftig ignorieren zu können, der habe schlechte Karten bei der Gewinnung und Bindung von Personal.

CSR in Real life

»Wer das Thema verstanden hat und ernst nimmt, formuliert auf Top-Management-Ebene eine verantwortliche Unternehmensstrategie, die mithilfe eines entsprechend erweiterten Controllings nachverfolgt und zum Bestandteil des Geschäftsberichts wird – anstelle einer isolierten ›CSR- oder Nachhaltigkeitsstrategie‹, die mit gesonderten Berichtskennzahlen arbeitet, der Kommunikationsabteilung und externen Agenturen viel Arbeit respektive Aufträge beschert, aber nur wenig zu einem fundamentalen Umdenken in den Chef-Etagen beigesteuert hat«, erklärt die CSR-Expertin Kleinfeld. Die fehlende Einsicht habe laut ihr zu einer Fülle an neuen Auflagen, Vorgaben und Gesetzen durch den Gesetzgeber geführt. Das 2021 beschlossene »Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz« (LkSG) verpflichte Unternehmen ab einer bestimmten Größe dazu, Menschenrechte, entsprechende Arbeitsbedingungen und bestimmte Umweltaspekte nicht mehr nur im eigenen Geschäftsbereich, sondern auch innerhalb der Wertschöpfungskette einzuhalten bzw. durchzusetzen. Alles schön und gut, aber wie kann CSR in Unternehmen tatsächlich gemessen werden? Auch hierfür hat die Professorin für Unternehmensethik eine Antwort. »Durch Wirkungs- und Wirksamkeitsanalysen (impact assessments) der ergriffenen Maßnahmen und über einen Mix aus quantitativen und qualitativen Messgrößen, Kennzahlen bzw. Indikatoren. Es gibt umfängliche Bericht-Standards wie die der Global Reporting Initiative (GRI), die seit Jahren nichts anderes tun, als mögliche Kennzahlen und Indikatoren zusammenzutragen, mit der berichtende Organisationen ihren Nachhaltigkeitsberichten Glaubwürdigkeit zu verleihen versuchen. Wie sinnvoll und zielführend das alles ist, stelle ich in Frage. Wenn man CSR richtig versteht, d. h. als zeitgemäßen Ansatz der Unternehmensführung, dann geht es darum, ein entsprechend erweitertes Controlling zu entwickeln, zu etablieren und die als wesentlich identifizierten Aspekte der Verantwortungs-Wahrnehmung als gleichberechtigt und gleichbedeutend mit anderen Parametern des Unternehmenserfolgs aufzufassen und zu managen. Genau darauf zielt übrigens die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) der EU ab, wonach im Rahmen des Lageberichts, also dem klassischen Geschäftsbericht, auch über die für das Unternehmen relevanten CSR-Aspekte und Handlungsfelder Rechenschaft abgelegt werden soll.

Skills

Steve Grundig hat sich seinen Job, den er heute macht, quasi selbst geschaffen. Neben dem Studium war er schon als studentischer Berater in diesem Bereich tätig. So konnte er sich schon viele Soft Skills und Beratungsgrundlagen aneignen. Nach seinem Bachelorstudium sattelte er einen Master im Bereich Nachhaltigkeitsmanagement und Unternehmensethik oben drauf. Die Kombi war laut dem »plant values«-Mitgründer eine gute Voraussetzung für den Job, den er allerdings nicht aktiv gesucht habe. »Ich habe ›plant values‹ mit Freunden aus Überzeugung gegründet und schon während des Studiums langsam aufgebaut«, so der Nachhaltigkeitsmanager. Aber es muss nicht immer gleich eine eigene Unternehmensgründung sein. Professor Kleinfeld beispielsweise stellt fest, dass die Ausschreibung entsprechender Positionen in den letzten Jahren deutlich zugenommen habe. Was aus Sicht und Erfahrung der Professorin noch wichtiger sei, sind kommunikative und persönliche Skills: »Die Fähigkeit, auf andere zuzugehen, Angehörige verschiedener Fachabteilungen an einen Tisch zu bringen, dazu zu motivieren, ihr Wissen miteinander zu teilen, sie dauerhaft miteinander zu vernetzen und zur Kooperation anzuhalten. Denn angesichts des Facetten-Reichtums des Themas – von Unternehmensführung, Strategie-Entwicklung über HR-Aspekte, Compliance, Supply-Chain-Management, Umwelt-, Qualitäts- und andere Managementsysteme bis zur Unternehmenskommunikation – muss sich ein CSR-Manager immer auch, vielleicht sogar vorrangig als Koordinator verstehen. Auf der anderen Seite schadet auch ein gewisses ›standing‹ nicht, um sich beispielsweise gegenüber kritischen Kräften, welche die eigene Begeisterung (noch) nicht teilen, durchsetzen zu können«, so Kleinfeld.
Auch Steve Grundig weiß, dass es inzwischen diverse Studiengänge oder Vertiefungen, die eine Grundlage geben, existieren. Man lerne nie aus: »Es gibt verschiedene Weiterbildungen, die man später noch ergänzend machen kann«, so der plant values-Mitgründer. »Als Nachhaltigkeitsmanager*in muss man nicht zwingend Fachperson für jedes Umwelt- oder Sozialthema sein, sondern eher den Überblick über wesentliche Themen wahren können. Wichtig finde ich, dass man Prozesse und Strukturen etablieren kann, sodass Nachhaltigkeit dauerhaft verankert wird und die Menschen für das Thema begeistert. Da helfen organisatorische, didaktische und kommunikative Fähigkeiten und natürlich ein Grundverständnis dafür, wie Unternehmen arbeiten«, rät der Experte Studierenden.

Corporate Citizenship

… bezeichnet im Gegensatz zu CSR das Aktivwerden. Laut Definition engagieren sich Unternehmen gesellschaftlich um sich als »gute Bürger« zu präsentieren. Steve Grundig versteht es als Teil des Nachhaltigkeitsmanagements, bei dem sich Unternehmen fragen, wie sie einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten können und zwar »über deren Kerntätigkeit hinaus«. Dies kann in Form von Spenden- und Sponsoringmaßnahmen, pro-bono-Aktivitäten oder die Freistellung von Mitarbeitern für gemeinnützige Zwecke umgesetzt werden. Das sei laut Steve Grundig cool, aber solle eher eine on-top-Aufgabe und nicht der Kern der Nachhaltigkeitstätigkeit sein. Wichtig: Corporate Citizenship ist nicht mit Corporate Social Responsibility gleichzusetzen. Die gilt heute als problematisch und kann den Eindruck von Greenwashing vermitteln.


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