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Wo steht der stationäre Handel 2023?

Mammut oder Murmeltier? Der stationäre Handel steht für den Einen kurz vor dem Aussterben. Für den Anderen ist er ein Murmeltier, das den Winter über schläft und im Frühjahr mit neuer Kraft erwacht.

Wir bleiben beim Stichwort: Winter. Draußen ist es eisig, die Zähne klappern und der Schnee kleidet die Bäume in weiß. Was gibt es besseres, als in ein wohliges Geschäft zu gehen? Die großen Schwingtüren des Kaufhauses laden zum Reinkommen ein und die warmen Lichter vertreiben die winterliche Dunkelheit.

Der stationäre Handel erlebt gerade seine Renaissance. Eigentlich totgesagt, erhebt er sich aus seinem Winterschlaf und zieht sogar reine Online-Player in seinen Bann. Diese setzen als Zusatz zu ihren Online-Angeboten auf sogenannte Concept Stores. In diesen können die Käufer die Produkte vor Ort erleben – mit allen Sinnen. Auf das gesteigerte Einkaufserlebnis setzt beispielsweise das Warenhaus »Manufactum«. In diesem kann der Kunde vor Ort auf Entdeckungsreise gehen. Der »Point-of-Sale« soll hierdurch zum »Point-of-Experience« werden und dem Konsumenten das bestmögliche Erlebnis während des Einkaufs bescheren. Der stationäre Handel der Zukunft setzt zudem den Kunden stärker in den Mittelpunkt. Die Vergleichsstudie »Die Zukunft des Einkaufs« von Comarch und Yougov befragt zu den Vorstellungen vom Einkaufen in 2030. Zwölf Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Laden-Mitarbeiter in weniger als einer Dekade durch persönliche digitale Ratgeber ersetzt werden.

Ordnung muss sein

Fragend schwenkt der Blick durch die Reihen des Supermarktes. Dort befinden sich  Joghurt und Käse im Kühlregal an der Stirnseite. Aber wo versteckt sich denn die frische Hefe? Wer so grübelnd vor den Einkaufsregalen steht, sucht am Besten Hilfe beim Verkauspersonal.

In acht Jahren könnte das nervenaufreibende Suchen in Baumarkt, Lebensmittelregal oder Warenhaus überflüssig sein. Denn denkbar ist, dass mobile Services uns ganz einfach übers Smartphone durch den Laden zum gewünschten Produkt lotsen. 24 Prozent der Comarch- und Yougov-Befragten befürworten die individuelle Führung durch das Geschäft. Und sogar 26 Prozent gehen soweit, dass sie mobile Services für personalisierte Echtzeit-Angebote beim Einkauf nutzen würden. Für 38 Prozent ist hingegen ein positives Einkaufserlebnis im Laden ausschlaggebend, um dort erneut einzukaufen. Für gute Begegnungen vor Ort braucht es gutes Personal. Katharina Weinert, Abteilungsleiterin für Bildungspolitik und Berufsbildung beim Handelsverband Deutschland (HDE) erklärt, dass Studierende der Wirtschaftswissenschaften im Handel überall gesucht werden: »Ob im Einkauf oder Controlling, in der Rechts-, IT- oder Marketingabteilung, in der Logistik oder der Zentralverwaltung, im Personal-, Qualitäts- oder Nachhaltigkeitsmanagement – der Handel bietet viele unterschiedliche Einsatz- und Tätigkeitsbereiche.«

Fachwissen & Menschenkenntnis

»Haben Sie diese Schuhe noch in einer anderen Größe im Lager? Wieso sind die Buchstaben-Nudeln nicht mehr im Sortiment? Weshalb dauert denn das Kassieren so lange?« Mit diesen und weiteren W-Fragen sehen sich Mitarbeiter im Handel oft konfrontiert. Essentiell ist deshalb, immer den Kopf zu bewahren. Hilfreich sei zudem ein aufgeschlossenes Auftreten, Kommunikationsfähigkeit sowie Freude am
zwischenmenschlichen Umgang mit Kunden und Mitarbeitern, so Branchenexpertin Weinert. Die Dynamik im Handel verlange außerdem strategisches und vernetztes Denken, fährt die HDE-Fachfrau fort. Da die Handelsbranche stark von wechselnden Trends geprägt ist, ist es wichtig anpassungsfähig zu sein. Eine arbeitnehmerfreundliche Entwicklung zeigt die LP Trendumfrage 2023 zum Thema »Was den Handel beschäftigt?«: 61 Prozent der Befragten wünschen eine Reduzierung der Öffnungszeiten im Handel. Dieser Schritt würde dem Handel zu einem noch attraktiveren Arbeitsumfeld verhelfen. Dr. Peter Wüst, Hauptgeschäftsführer des BHB – Handelsverband Heimwerken, Bauen und Garten e. V., sieht bereits erste Anpassungen in der Praxis: »Die ›Search for Talents‹ hat auch die DIY-Branche erreicht. Erste Händler stellen beispielsweise auf moderne Arbeitszeitmodelle mit ausgezeichneter Work-Life-Balance um, was lange Zeit ein No-Go für den großflächigen Handel darstellte.« Ein zukunftsweisender Wandel könnte zudem die Umstellung auf hybride Strategien und Multi-Channel-Konzepte wie beim Warenhaus Manufactum sein.

Future Jobs

Durch die zunehmende Digitalisierung erlebt der Einzelhandel einen tiefgreifenden Strukturwandel – immerhin werden laut HDE bereits über 13 Prozent des Gesamtumsatzes online erzielt. Dies hat Auswirkungen für das Arbeitsumfeld: »Für den boomenden Online-Handel werden nicht nur Hochschulabsolvent*innen mit vertieften IT-Kenntnissen gebraucht, sondern beispielsweise auch Datenanalyst*innen sowie Prozess-, Category-, Supply-Chain-, Brand- oder Produkt-Manager*innen«, berichtet Katharina Weinert. Neben den klassischen Protagonisten des Handels, gewinnen außerdem Start-ups immer mehr an Einfluss. Laut dem »Deutschem Start-up Monitor 2022 (DSM)« sind 11,5 Prozent der Jungunternehmen im Handelsbereich zu verzeichnen – knapp ein Drittel im stationären und zwei Drittel im Online-Handel. Wiwi-Berufseinsteigern rät Weinert generell: »Bringt Spaß am Handel mit. Und mit Blick auf die Zukunft auch Interesse an E-Commerce-Trends und technische Innovationen.«

 

Drei Gründe, die für einen Einkauf vor Ort sprechen, ermittelt die Vergleichsstudie »Die Zukunft des Einkaufens« von Comarch und Yougov

1. Ganz oben auf der Liste steht die Nähe des Geschäftes – so 63 Prozent der Befragten.

2. die Möglichkeit, dasProdukt in die Hand zu nehmen, ist für 56 Prozent der Studienteilnehmer entscheidend.

3. 37 Prozent schätzen die Kundenorientierung und Hilfe der Angestellten vor Ort.


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