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que será, jura – Was wird bis 2030?

Vor allem in den technischen Berufen hört man vom Aufbruch in die Zukunft. Wie sieht das für die Juristik aus? Was bewegt sich Momenten in der altehrwürdigen Rechtswissenschaft?

Roboter nehmen uns die Jobs weg! Ein häufig zitiertes wie analysiertes Statement, das nun schon seit einigen Jahren immer wieder Schlagzeilen macht. Illustriert wird das Ganze dann oft von Fotos schicker Roboter-Arme in der Fabrikhalle eines Autokonzerns. Längst ist die Sorge vor der Digitalisierung ein Teil der »German Angst« geworden. Was dabei allerdings auffällt: Die Erzählung von den jobklauenden Maschinen dreht sich immer um Handwerkliches wie das Ingenieurwesen oder andere technische Berufe. Warum also sollten sich Jurist*innen um diese dystopische Zukunftsprognose kümmern? Das gute alte Rechtswesen wird doch wohl immer weiter existieren. In dieser geistigen Disziplin braucht es den Menschen mit seinem Urteilsvermögen – eine Künstliche Intelligenz kann hier nichts ausrichten. Fazit: Das Gesetz gilt! Die Juristik hat Bestand! Und das auch in Zeiten, in denen der Wandel immer schneller voranschreitet!

Naja, ganz so einfach ist die Geschichte dann doch nicht. Es wäre ziemlich blauäugig zu glauben, der digitale und gesellschaftliche Wandel mache vor der altehrwürdigen Juristik halt. Auch hier weht der Wind des digitalen Wandels: Arbeitsprozesse werden entschlackt, Akten sinniger archiviert und Routineaufgaben von KIs praktisch erledigt. Die Angst vor einer kompletten Übernahme der Roboter ist dabei aber genauso unbegründet wie in den technischen Berufen. Gerichtsprozesse werden auch in Zukunft von Menschen geführt und kein*e Mandant*in wird sich bald den Rechtsbeistand von Siri einholen. Vielmehr erwartet uns mit der Legal Tech ein facettenreiches, modernes Miteinander, das auf dem Arbeitsmarkt Einiges an Neuigkeiten mit sich bringt. Genau das Gleiche gilt auch für alle anderen großen Wandlungsprozesse unserer Gegenwart. Denn die aktuellen Debatten um Klimaschutz und Nachhaltigkeit eröffnen ein spannendes Feld, mit dem sich junge Jurist*innen auseinandersetzen können – oder müssen? Schlagwörter wie CSR (Corporate Social Responsibility) kommen einem da in den Sinn. Liegt es vielleicht gerade in der Verantwortung der neuen Generation an Gesetztesvertreter*innen, jetzt für mehr Gleichberechtigung, Nachhaltigkeit und Ethik zu sorgen? Was gibt es zu tun, damit sowohl die Welt, als auch die eigene Branche gerechter und diverser wird? All diese Fragen verlangen nach einer Antwort. Auf den nächsten Seiten geht es darum, wie neu, agil und nachhaltig die Rechtsbranche von heute ist und welche Karrieremöglichkeiten die digitalisierte und moralorientierte »Jetzt-Zeit« bereithält. Kleiner Spoiler zum Anfang: Das sind echt so einige – sicherlich ist für jede*n etwas dabei.

Digitalisierung – Das macht bei uns der Computer

Schreibt sich eine Kanzlei auf die Fahne: »Wir sind am Puls der Zeit; wir sind Expert*innen in Legal Tech«, kann das erst einmal die verschiedensten Dinge bedeuten. Das Konzept »Legal Tech«, das bereits seit dem Beginn des Computers existiert, bezeichnet grundlegend eine Zusammenarbeit zwischen Juristik und IT. Wie diese konkret umgesetzt wird, kann ziemlich individuell sein.

Erst einmal steht Legal Tech für die zunehmende Digitalisierung der Arbeit von Anwält*innen. Hier geht es um die Digitalisierung und Vereinfachung von Arbeitsprozessen durch Software. 1978, als mit »AnNoText« eine der ersten Computeranwendungen für Kanzleiorganisation auf den Markt kam, war das schon eine Revolution. Der Erfolg des Internets beschleunigte diesen Trend und bereits heute merken wir die enorme Schnelligkeit von digitalen Innovationen – auch in der Kanzlei. Nicht nur werden beispielsweise Dokumente digitalisiert und so platzsparend automatisiert; ein zukunftsweisender Trend ist die zunehmende (Teil-)Automatisierung von Arbeitsprozessen.

Immer wieder fallen in Kanzleien Aufgaben an, die Routine sind. Arbeitsanweisungen, Verträge und Standardformulare müssen oft noch jedes Mal neu aufgesetzt werden. In der Kanzlei der Zukunft sieht das anders aus: Es gibt mittlerweile eine Vielzahl von Anwendungen, die Alltagsaufgaben wie diese übernehmen können. Mit nur wenigen Klicks kann so zum Beispiel ein Standardvertrag aufgesetzt werden, der dennoch individuell auf Mandant*innen angepasst werden kann. Zudem gibt es die Möglichkeit, dass KI die gesamte Datenbank unter die Lupe nimmt, auf der Suche nach bereits ähnlichen Dokumenten, die bei der Erstellung eines neuen Formulars hilfreich sein könnten. Doch auch auf umgekehrtem Weg leistet Legal Tech Beistand, wenn es um die Analyse von Dokumenten geht. Durch das Herausfiltern der Quintessenz von Akten, Verträgen oder Fachliteratur sparen sich Betroffene eine Menge Lesezeit. Die meisten dieser Anwendungen stechen durch eine intuitive Benutzeroberfläche hervor. Für die Jurist*innen ist es oft ein Kinderspiel, mit den digitalen Programmen zu arbeiten. Dennoch macht sich bei vielen die Angst breit: Muss ich als Jura- Mensch jetzt bald Ahnung von Programmieren und IT haben? Über die Hälfte der Befragten in einer Umfrage des »Freie-Fachinformationen«-Verlages geben an: Die Anforderungen an die IT-Kompetenz ist eine der größten Herausforderungen der Digitalisierung. Dennoch sieht der Großteil der Befragten den zunehmenden Einsatz von Legal Tech als absoluten Vorteil, gerade für effizientes und kostengünstiges Arbeiten.

Junge Jurist*innen auf dem Weg zum Berufseinstieg können sich darauf einstellen, in eine deutlich intuitivere und technisiertere Arbeitswelt zu starten – auch wenn natürlich klar sein muss: Die top-digitalisierte Kanzlei gibt es noch nicht überall. Vielerorts bedarf es noch an Ausbau der technischen Standards, und zwar in jeder Kanzleigröße. Daher wird es einen Unterschied machen, ob sich Absolvent*innen nach dem Studium für eine Groß- oder Kleinkanzlei entscheiden, da die Schwerpunkte auf die Digitalisierung anders gesetzt sind. Großkanzleien sehen laut Umfrage ihr größtes Nachholpotential in der Optimierung von Dokumenterstellung und -analyse, während kleinere Kanzleien eher im Bereich Kommunikation und Entlastung des Sekretariats Verbesserungen anstreben. Außerdem ist es ziemlich wahrscheinlich, dass die Arbeitsplätze sichtlich diverser werden. Gemischte Teams erfreuen sich großer Beliebtheit und es kann gut sein, dass Jurist*innen in der Kanzlei bald mit BWLer*innen und Leuten aus der IT zusammenarbeiten werden – quasi ein*e Expert*in für jedes Fachgebiet, um der Mandantschaft ein noch qualitativeres Ergebnis zu bieten.

Klient sucht Anwältin

Gut und schön, dass die Arbeit für die Kanzlei meines Vertrauens einfacher geworden ist, mag sich manche*r Klient*in denken. Doch auch für die Privatpersonen ändert sich so einiges durch die rasante Digitalisierung. Zum einen gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Apps und Websites, die auf die Verarbeitung von juristischen Alltagsdiensten spezialisiert sind. Portale wie geblitzt.de oder flightright.de machen es einfach, Einspruch gegen einen ungerechtfertigten Blitzerbescheid einzulegen oder eine Ticketerstattung anzufordern; für Jurist*innen sind das Routineformulare, die auf diese Weise von der KI erledigt werden – für die Mandantschaft das Abnehmen der Überwindung, eine Kanzlei zu kontaktieren.

Zum anderen hat die Zahl von Portalen zugenommen, die ein wenig wie Kontaktbörsen funktionieren: Rechtsuchende können dort schnell und simpel einen Anwalt oder eine Anwältin finden, der oder die für ihr Anliegen passt. Einer dieser Dienste ist die Plattform advocado. Nachdem man seine Rechtsfrage über die Plattform gestellt hat, findet advocado auf Basis der Frage mit einem Matching-System das »perfekte Match« für die Rechtsuchenden. Für die Kanzleien der Zukunft wird es immer wichtiger, am Zeitgeist zu bleiben, um beim modernen Wettbewerb um die Mandantschaft dabei sein zu können. Sabrina Meya von advocado erklärt die Vorteile von Legal Tech: »Mandanten werden bei der Rechtsberatung zunehmend leicht zugängliche und attraktive Modelle suchen, die dann nicht mehr an einen bestimmten Ort gebunden sein werden. Man kann davon ausgehen, dass durch den technologischen Fortschritt ebenfalls die Gesamtzahl der Aufgaben zunehmen wird, da das Angebot einfacher und günstiger Online-Rechtsberatungen eine komplett neue Zielgruppe erschließen kann, die sonst nie einen Anwalt kontaktiert hätte.« Darum gibt Meya den Jurist*innen jeglicher Branche den Tipp: Nicht nur beobachten, sondern auch die eigene Kanzlei digital auf Vordermann zu bringen, damit man nicht plötzlich in der Versenkung verschwindet.

»Wir können natürlich nicht in die Zukunft schauen«, meint die Senior HR Managerin Sabrina Meya, »aber mobiles Arbeiten und Technologien zur digitalen Klärung von Rechtsanliegen werden weiter zunehmen. Dieser Trend ist auch jetzt schon sichtbar. Für Jurist*innen ist es wichtig, nicht den Anschluss zu verpassen und sich frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen, da der Markt durch die Digitalisierung schneller werden wird. Hier ist klar im Vorteil, wer sich zeitnah darauf einstellt und Vorbereitungen trifft.« Junge Jurist*innen haben dabei einen deutlichen Trumpf auf der Hand, gerade wenn Legal Tech bereits zu den Studieninhalten gehörte. »Sie können die Digitalisierung mit ihrer Expertise mitgestalten und voranbringen. Legal Tech kann für sie neue Tätigkeitsfelder und Aufgaben bedeuten«, so Meya. Einer dieser neuen Einsatzbereiche für Jurist*innen ist ganz bestimmt der Karriereweg innerhalb eines Start-ups. Diese Unternehmen mit dem Schwerpunkt auf Legal Tech Services haben in letzter Zeit verstärkt zugenommen und eröffnen für juristische Absolvent*innen mit digitalen Zukunftsinteressen einen spannenden Anlaufpunkt. Große Vorteile im Start-up bieten sich durch ein oft kleines Team, in dem viel auf Eigenverantwortung, Zusammenhalt und Engagement gesetzt wird. Auch advocado wurde 2014 als Start-up gegründet. Sabrina Meya nennt als weiteren Vorteil dieser Unternehmensform die flachen Hierarchien: »Es ist ein wenig wie eine grüne Spielwiese, die man noch nach den eigenen Wünschen und Vorstellungen gestalten kann. Die Lernkurve ist sehr steil, da man meist gerade zu Beginn auch über die eigenen Tätigkeiten hinaus Verantwortung übernimmt. So kann man sich in kurzer Zeit ein großes Spektrum an Wissen aneignen. In diversen Projekten können eigene Ideen eingebracht werden. Als Team wächst man gemeinsam an immer wieder neuen Herausforderungen zusammen, aber auch über sich hinaus.« Als gute Einstiegskriterien gelten dabei neben den juristischen Kenntnissen vor allem »technische Affinität, Interesse an digitalen Trends und Kreativität«.

Vielleicht ist es ein besonders deutsches Problem, dass bei einem technischen Fortschritt meist gleich die möglichst übelste Zukunftsperspektive ersonnen wird – verbunden mit der Frage: Nimmt die Technik den Jurist*innen bald sämtliche Jobs ab? Dass dieser dystopische Brei fast immer heißer gekocht als gegessen wird, steht gar nicht zur Debatte. Dennoch ist es wichtig, sich mit der Frage zu beschäftigen: Wie viel Arbeit kann und darf Technik der Rechtssprechung abnehmen? Gibt es bei der Legal Tech ethische Grenzen und was bedeutet das für die Karriere zukünftiger Jurist*innen?

Erheben Sie sich für den Roboter – Alles ethisch oder wie?

»Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. « Dieser Absatz aus dem Rechtsdienstleistungsgesetz spielt eine wichtige Rolle, wenn man den Grenzen der Legal Tech auf den Grund gehen will. Erst Mitte des Jahres 2021 kam es zum Prozess vor dem Bundesgerichtshof gegen die Internetplattform Smart Law. Dort lassen sich mit wenigen Klicks und dem Beantworten von Fragen sehr einfach Rechtsdokumente wie Miet- oder Arbeitsverträge erstellen. Die Anklage lautete, dass es sich bei dieser Website um eine rechtliche Dienstleistung handele und die darf nur von realen Justizpersonen erteilt werden. Das sei im Fall von Smart Law nicht so, urteilte vorher bereits das Oberlandesgericht Köln. Der Plattform fehle der persönliche Kontakt zur Kundschaft und die »menschliche« Leistung. Man sieht: Bereits heute werden sich schon viele Gedanken um die Berechtigung von Legal Tech Anwendungen gemacht. Prof. Frauke Rostalski ist Mitglied des deutschen Ethikrates und leitet an der Universität zu Köln den Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung. Sie begrüßt, dass bei Anbietern von Legal Tech mittlerweile genauer auf die rechtlichen Standards geschaut wird: »Es besteht immer die Gefahr für Nutzer*innen und Nutzer der Dienstleistungen, dass aufgrund des standardisierten Vorgehens die Besonderheiten des Einzelfalles nicht hinreichend berücksichtigt werden«, so Rostalski, »gleichwohl ist es grundsätzlich eine erfreuliche Entwicklung, wenn Legal Tech Anwendungen Personen bei der Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützen können. Dies gilt ganz besonders, wenn sie diese ohne die Anwendungen, höchstwahrscheinlich aufgrund fehlender Kenntnisse, Mittel oder aus Respekt vor einem gerichtlichen Verfahren nicht wahrgenommen hätten.« Sowohl für Nutzer*innen als auch für Anwält*innen sollte die Zukunftsperspektive von Legal Tech also weder Utopienoch Dystopievorstellung sein. Es kommt darauf an, die Entwicklung von Digitalisierung und KI – gerade im Rechtsbereich – immer mit dem Blick auf ethische Standards zu begleiten. Ist das nicht der Fall, könnte es Schwierigkeiten geben; das liegt auch an der grundsätzlichen Struktur von Künstlicher Intelligenz. »KI zeichnet sich dadurch aus, dass sie eigenständig lernt und sich weiterentwickelt. Der Lernprozess und damit auch das Ergebnis der KI kann daher vielfach nicht hinreichend nachvollzogen werden«, erklärt die Juristin Rostalski, »das kann unter anderem zu Fehlern bei der Entscheidungsfindung führen, die aufgrund mangelnder Nachvollziehbarkeit nicht sichtbar werden. Es wird daher auch von der KI als ›black box‹ gesprochen. Das ist im Recht besonders schwerwiegend, da kein Abgleich von Ergebnissen möglich ist. Der Grund hierfür ist, dass die Richtigkeit einer rechtlichen Entscheidung anhand der Gründe für diese Entscheidung beurteilt wird. Diese sind nun gerade bei KI-Systemen nicht bzw. nur eingeschränkt nachvollziehbar, weswegen die Entscheidung nicht kontrolliert werden kann.« Außerdem müsse in Zukunft immer öfter die Frage gestellt werden, in welchem Verhältnis KI und menschliche Autonomie stehen sollen. Ist es notwendig, dass manche Entscheidungen von Menschen getroffen werden oder kann diese auch selbstständig von KIs gefällt werden? Wo ist der Grad, an dem man misst, dass Jurist*innen ihre Autonomie abgeben können? Vor Entscheidungen wie diesen wird man in der Etablierungszeit von Legal Tech immer wieder stehen. Dass wir jedoch irgendwann den Punkt erreicht haben, unsere komplette Selbstständigkeit Robotern zu überlassen, die dann auch das Recht sprechen, ist äußerst unwahrscheinlich. Das weiß auch Prof. Rostalski: » Ich bin vielmehr der Auffassung, dass manche Entscheidungen notwendigerweise von einer verantwortlichen Person getroffen werden müssen, die als solche Teil der Gesellschaft ist. Blicken wir zur Veranschaulichung auf das Beispiel des ›Roboterrichters‹. Es wird diskutiert, ob Richterinnen und Richter durch einen Roboter ersetzt werden könnten. Dabei darf aber nicht aus dem Blick geraten, dass der Strafprozess der Kommunikation zwischen dem Täter bzw. der Täterin und der Gesellschaft dient. Die Gesellschaft wird durch einen Teil derselbigen – die Richterinnen und Richter – vertreten. Diese Funktion kann eine Maschine nicht erfüllen.«

Wie digital darf's denn sein?

Auch wenn ein ausgeprägtes Gefühl für Ethik und Moral sowieso schon zu den Skills von Rechtswissenschaftler*innen gehören sollte, kommt es in Zukunft häufiger darauf an, dass Arbeitende in allen Bereichen der Juristik immer wieder hinterfragen: Wieweit kann und darf die KI meinen Job übernehmen? Trotzdem darf es zu keiner totalen Skepsis gegenüber der neuen Technik kommen: »Zukünftige Juristinnen und Juristen sollten neuen Technologien aufgeschlossen begegnen und bereit sein, sich mit der Funktionsweise von KI vertraut zu machen«, meint Prof. Frauke Rostalski, »zudem wird in Zukunft sicherlich mehr Wert auf Zusatzqualifikationen gelegt, wie beispielsweise ein Zertifikat im Bereich der Digitalisierung, oder Kenntnisse auf dem Gebiet der Informatik.« Die Juristin stellt leider fest, dass Legal Tech eine noch sehr untergeordnete Rolle im Studium spielt. Dafür kommt es vermehrt zu studentischen Initiativen, in denen das Thema Digitalisierung vertieft wird. Auch Sabrina Meya von advocado gibt Tipps für den Karriereeinstieg, aus Sicht eines juristischen Start-ups: »Einen wichtigen Skill für die Arbeit im Legal Tech-Bereich bringen Jurist*innen schon mit: das juristische Fachwissen.«

Bitte mit Sinn! – Setz dich ein für Nachhaltigkeit & Menschenrechte!

Spätestens seit Demonstrationsbewegungen wie »Fridays for Future« oder »#unteilbar« gilt die junge Generation als äußerst ethisch, politisch und auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Es fällt schwer, heute eine Uni zu finden, deren Studierende sich nicht größtenteils mit dem Zeitgeist von Moral und Umweltbewusstsein identifizieren können. Natürlich gilt das auch für den Jura-Campus, wenn wir die alten Klischees vom egoistischen Nobeljuristen mit Protzkarre endlich mal über Bord werfen. Die Zeichen der Zeit sind deutlich: Auch die Rechtswissenschaft wird diverser, nachhaltiger und das Bedürfnis nach der juristischen Vertretung von Umwelt- oder Menschenrechtsorganisationen ist ebenfalls hoch. Was können Jurist*innen, die etwas an der Welt verändern wollen, konkret tun?

Wo lerne ich Moral?

Beginnen wir am Anfang einer jeden juristischen Karriere – an der Universität. Wie gut wird man dort auf die aktuellen gesellschaftlichen Bedürfnisse vorbereitet – gerade was den Einsatz für moralische Weltherausforderungen angeht? Nunja, ähnlich wie beim Thema Legal Tech ist die Hochschullandschaft auch in dieser Hinsicht noch rar besiedelt. Allerdings gibt es hier und da studentische Initiativen oder Zertifikate, die ihren Fokus auf Ethik legen. Ein Beispiel dafür ist die Uni Tübingen, die ein Zertifikatsstudium Recht-Ethik-Wirtschaft anbietet. Manch einer mag hier stutzen: Handelt es sich gerade bei Ethik und Wirtschaft nicht um zwei unvereinbare Konzepte? Ein Gespräch mit dem Leiter des Studiums, Prof. Stefan Thomas, offenbart das Gegenteil. Ethik und Ökonomie bedingen sich nicht nur gegenseitig, sondern spielen auch bei jeder juristischen Entscheidung eine Rolle. Daher sei es, so Thomas, auch stets wichtig, weiträumig zu denken: »Für die Wissenschaft ist Interdisziplinarität heute tragend und in der Praxis hat eigentlich jede Frage, jeder Konflikt eine interdisziplinäre Seite. Kein »echter Fall« ist eine rein juristische Frage. Er ist immer auch ein ethisches und ökonomisches Problem. Das wollen wir in unserem Zertifikatsstudium deutlich machen; wir wollen zeigen, wie man mit Interdisziplinarität umgeht. Wir wollen ermutigen, im Diskurs die vertrauten Gefilde der eigenen Disziplin zu verlassen.« Die globalen Probleme der heutigen Zeit werden immer komplexer und wandelbarer. Es bedarf auch eines Denkens in neuen Perspektiven. Dabei liegt es an den Jurist*innen von morgen, immer wieder zu hinterfragen und auch den eigenen Standpunkt wechseln zu können. Das rät auch Professor Thomas: »Das Recht entwickelt sich in Reaktion auf die gesellschaftlichen Themen unserer Zeit weiter, ohne dass diese Entwicklungen im geschriebenen Recht immer genau vorgezeichnet wären. Nehmen Sie das Klimaschutz- Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Klimaschutz rechtlich zu betreiben, heißt eben auch, die gesellschaftlichen und ökonomischen Zusammenhänge von Klimawandel zu verstehen. Wie verteilt man Risiken und Lasten über mehrere Generationen? Kann oder muss eine einzelne Rechtsordnung es sich zum Anliegen machen, einen weltweiten Klimaschutz zu fördern? Das sind Fragen, die sich nicht mehr allein mit juristischer Methodenlehre erschließen lassen. Sie verlangen nach interdisziplinärer Kompetenz.« Vorteile haben also diejenigen Jurist*innen, die sich bereits während ihres Studiums fortgebildet haben und bereit sind, für neuartige Probleme auch neuartige Lösungen zu finden. Die Fähigkeit über den Tellerrand zu schauen, ist dabei genauso wichtig wie ein gutes technisches Verständnis; ja, auch wenn das LegalTech-Start-up kein Karriereziel ist, Ahnung von den neuesten juristischen Tech-Entwicklungen und ihrer ethischen Einordnung sollten schon parat sein.

Eine Sache der Kanzlei

»Unsere Mandantin ist die Erde« – damit wirbt die Organisation Client Earth auf der Startseite ihrer Homepage. Die Vereinigung setzt sich global gegen Umweltzerstörung ein – und zwar mithilfe juristischer Interventionen. 2008 in London gegründet, ist Client Earth mittlerweile an fünf Standorten auf der ganzen Welt verteilt, unter anderem auch in Berlin. Hier ist auch Francesca Mascha Klein beschäftigt. Sie ist Volljuristin und Expertin für Fossile Infrastruktur. Gemeinsam mit ihrem Team fordert sie unter anderem den beschleunigten Kohleausstieg Deutschlands. »In Zusammenarbeit mit anderen Umweltverbänden, Anwält*innen und technischen Expert*innen führen wir umweltrechtliche Verfahren mit dem Ziel, dafür zu sorgen, dass Kohlekraftwerke und -tagebau geltendes Recht und insbesondere Umweltstandards einhalten«, erklärt Klein, »anfangs koordinieren wir die Aufgabenteilung, wer welche Kosten übernimmt und wie wir die Pressearbeit gestalten. Im Laufe des Verfahrens stimmen wir den Inhalt von Schriftsätzen und Pressemitteilungen sowie prozessuale Schritte ab und tauschen uns zu strategischen, rechtlichen und technischen Fragen aus.«

Die Juristin erkennt nicht nur die Dringlichkeit, mit der die Klimaherausforderungen gelöst werden müssen, sondern auch, dass es ein stetig wachsendes Interesse der jungen Generation für Engagement gibt. Bewegungen wie »Fridays for Future« rühren unter anderem aus dem zunehmenden Generationenkonflikt. Die derzeitigen politischen Entscheider*innen aus älteren Generationen seien dabei, so Klein, Hauptverursacher für die CO2-Emissionen, welche die Jungen in Zukunft belasten. »Die gesellschaftliche Debatte rund um Generationenungerechtigkeit spiegelt sich auch im Recht wider. So hat das Bundesverfassungsgericht aktuell auf eine Klage junger Menschen und Umweltverbände hin erstmalig ›intertemporale‹ Freiheitsrechte anerkannt. Wenn eine Generation große Teil des CO2-Budgets verbraucht, müsste die folgende Generation radikal Emissionen einschränken und dafür deutlich umfassendere Freiheitseinbußen in Kauf nehmen als die vorherige Generation. Dass das unfair ist, müssen nun zunehmend Gerichte und Politiker*innen einsehen.« Man erkennt: Es gibt eine ganze Menge zu tun, gerade wenn man sich als Repräsentant*in der jungen Generation versteht. Einstiegsmöglichkeiten für Jurist*innen, die aus ihrer Passion auch einen Brotjob machen wollen, gibt es einige. Im Vorteil sind dabei natürlich diejenigen, die sich bereits während ihres Studiums mit dem Thema Klima auseinandergesetzt haben. Einmal bei der Demo mitgelaufen zu sein reicht für einen Job in einer gemeinnützigen Organisation natürlich eher weniger; engagiertes Mitglied einer studentischen Umweltschutz- Vereinigung zu sein, schon eher. Und natürlich sollte auch das grundlegende Mindset stimmen. Das meint auch Francesca Mascha Klein: »Junge Jurist*innen sollten ein Interesse für das politische Geschehen, die Umwelt- und Klimabewegung und rechtliche Kreativität mitbringen. Für den Austausch mit Expert*innen beispielsweise zu technischen oder chemischen Prozessen und die Auswertung von Gutachten hilft Neugier und die Freude am interdisziplinären Arbeiten.« Es ist also lohnenswert, sich auf die verschiedensten Arten weiterzubilden, um mit einer sachlichen Expertise gegen die Überhitzung durch den Klimawandel vorzugehen.

Regierung oder nicht Regierung?

Wer seine Expertise jenseits des Klimaschutzes für die Verbesserung der Welt und Gemeinschaft einsetzen will, für den wäre auch eine Karriere bei einer Governmental Organisation oder einer Non-Governmental Organisation (NGO) etwas. Die Ausrichtungen dieser Vereinigungen sind so zahlreich, dass für jedes Interesse etwas dabei ist. Egal ob Tierschutz, Menschenrechte, Feminismus oder Anti-Rassismus – überall braucht es jurisitsche Einschätzung und Vertretung für Forderungen, Petitionen oder Gerichtsprozesse. Aber Vorsicht: Der Einstieg bei WWF, Amnesty International oder Greenpeace ist hart umkämpft. Für den Lebenslauf unumgänglich ist hier mindestens ein Jahr Auslandserfahrung – am besten in Entwicklungsländern – und entsprechende Fremdsprachenkenntnisse; fließendes Englisch ist sowieso Pflicht, mindestens eine weitere Fremdsprache macht Bewerber*innen noch interessanter. Außerdem von Vorteil: Ein Engagement schon während des Studiums. Viele NGOs sind auch mit studentischen Vereinigungen an Unis aktiv. Es ist daher ziemlich lohnenswert, sich bereits früh einen Namen zu machen. Weitere Bonuspunkte gibt es für einen Studienschwerpunkt im Menschen- oder Völkerrecht und hohe Reisebereitschaft. Die Vorteile für eine Bewerbung bei NGOs unterscheiden sich kaum zu den wichtigen Kriterien für Regierungsorganisationen. Allerdings geht es bei der WTO, den Vereinten Nationen und Co. gerne noch etwas exklusiver zu. Einschlägige Praktika sind hier das A und O – allerdings oft mit Umzügen ins Ausland verbunden und in der Regel unbezahlt. Auch die Etablierung von guten Kontakten zu Organisationen sind eine hilfreiche Sache, genauso wie starke Nerven, denn: Das Bewerbungsverfahren bei einer Internationalen Organisation kann sich ziehen. Mehrere hundert Bewerbungen können bei der WTO auf eine ausgeschriebene Stelle kommen. Wer da nicht ganz genau auf die Stellenausschreibung passt, ist leider meistens sofort raus. Was die Bewerbung bei fast allen Regierungsorganisationen vereint, ist die Voraussetzung von mehreren Jahren Berufserfahrung, sowie eine internationale Studienausrichtung.

Wer macht CSR?

Puh, gar nicht so einfach, in NGOs oder Regierungsorganisationen Fuß zu fassen. Ist es für manche dann etwa schon vorbei, sich für eine gerechtere und nachhaltigere Welt einzusetzen? Ganz sicher nicht, denn: Auch in der Kanzlei oder dem Unternehmen können Jurist*innen mit Sinn-Ausrichtung einen Beitrag leisten. Tatsächlich geben mittlerweile viele große und mittelständische Kanzleien Berichte zur Corporate Social Responsibility heraus – kurz: CSR. Grundlegend werden in diesen Veröffentlichungen die Haltungen und Leistungen der Kanzlei, die soziales Engagement, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit betreffen, aufgezeigt. Es kommt immer häufiger vor, dass Kanzleien und Unternehmen diese Art von Berichten veröffentlichen, auch in dem Wissen: Dem Nachwuchs kommt es nicht nur auf das Finanzielle an, sondern auch auf die gesellschaftliche Haltung des Arbeitgebers.

Sehen die Zukunftspläne für Jurist*innen also vor, in einem Unternehmen Fuß zu fassen, lohnt sich ein Blick auf eventuell veröffentlichte CSR-Berichte. Aber Achtung: Bei CSR handelt es sich nicht um eine global gültige Skala an der man die »Gutheit« eines Unternehmens messen kann, sondern tatsächlich um einen recht schwammigen Begriff. Die offiziellste Definition des Konzepts ist wohl die der EU-Komission aus dem Jahr 2011. Demnach handelt es sich bei CSR um »die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft«. Konkreter wird es in den meisten Fällen leider nie, so kann sich prinzipiell jede Firma und Kanzlei in ein gutes Licht rücken. Wer seine Entscheidung also von der Nachhaltigkeit und sozialen Verantwortung des Arbeitgebers abhängig machen will, sollte einen genauen und prüfenden Blick aufsetzen – oder ganz einfach: Nachfragen und dem Arbeitgeber mitteilen, welche Werte einem wichtig sind. So ist es einfach zu prüfen, ob man sich auf einem gemeinsamen Niveau begegnet. Im Idealfall rechnet man es beim Vorstellungsgespräch hoch an, dass man sich Gedaken um die Außenwirkung der Kanzlei macht und Engagement zeigt.

Alles offen

Der kurze Ausflug zu den Jurist*innen der Zukunft hat an den unterschiedlichsten Stationen Halt gemacht und eine Vielzahl von Potentialen offenbart und es wurde klar, welche Skills dafür nötig sind. Wer langfristig am Puls der Zeit mitmischen will, verschließt sich nicht vor technischen Entwicklungen, sondern betrachtet interessiert, welche neuen Softwares und Dienstleistungen die Arbeit einfacher machen können. Auch Portale, die den Kontakt zu potentiellen Neu-Klient*innen vereinfachen, sollten Zukunftsgewandte auf dem Schirm haben. Dabei ist es allerdings wichtig, sich bei allem KI-Hype immer ins Gedächtnis zu rufen: Sind manche dieser neuen technischen Wunderdinge wirklich notwendig für die moderne Kanzlei und ist das überhaupt noch ethisch? Gerade als Vertreter*in des Gesetzes ist hier ein Feingefühl für Moral absolut notwendig – auch wenn man nicht für eine NGO oder sonstige globale Organisation arbeitet. Doch zeigt sich beim genauen Hinschauen, dass hier in naher Zukunft immer mehr Einsatz von Jurist*innen gezeigt werden sollte – egal, ob man sich hauptberuflich vor Gerichten für mehr Klimaschutz und Menschenrechte einsetzt oder in einer normalen Kleinstadt-Kanzlei für echte CSR-Standards sorgt. Wenn es eine Fähigkeit gibt, die Juristinnen und Juristen von morgen brauchen, sind sich alle einig. Egal ob man die Klima- Juristin Francesca Mascha Klein in Berlin, den Studiengangsleiter Prof. Stefan Thomas in Tübingen oder das Mitglied des deutschen Ethikrates Prof. Frauke Rostalski in Köln fragt – jede*r von ihnen rät: Interessiert euch vielseitig, übt euch in Interdisziplinarität, setzt euch mit der Technik hinter Legal Tech auseinander – lernt vielleicht sogar die Basics im Programmieren. Macht euch schlau über Politik, Gesellschaft und Geschichte, wenn ihr mit eurer Expertise für bessere Menschenrechte sorgen wollt. Die Erweiterung des Horizonts offenbart viele neue Wege, die im Moment noch etwas holprig sind, aber durch genügend Füße bald eine breite Fahrbahn für die Zukunft der Juristik sein können.

Was Nischiges – Einsatzgebiete für Jurist*innen mit Zukunft

Agrarrecht – Ein weites Feld

Auch wenn du dir im wörtlichen Sinne nicht die Hände schmutzig machen musst, Ahnung von der Materie solltest du im Agrarrecht schon haben. Die Landwirtschaft spielt eine immer wichtigere Rolle, gerade im Zusammenhang mit dem Klimawandel und den daraus folgenden Auflagen an Landwirt*innen. Die Interessen dieser Gruppe zu vertreten gehört zum Gebiet des agrarspezifischen Zivilrechts. Aber auch Tier- und Naturschutz sind Teil der Aufgaben. Konkrete Einsatzmöglichkeiten gestalten sich hier in mittelständischen oder selbst gegründeten Kanzleien – und logischerweise eher in ländlichen Regionen. Willst du mit deinem Wissen für nachhaltige Veränderungen sorgen? Dann kann das Agrarrecht auch Einstieg in die Politik – bspw. für Landwirtschaftsministerien – sein.

IT-Recht – Zu Recht ein IT-Master

Die zunehmende Digitalisierung stellt Wirtschaft und Gesellschaft vor neue rechtliche Herausforderungen. Die Nachfrage nach Jurist*innen mit entsprechender Zusatzausbildung steigt, ebenso das Spektrum an möglichen Tätigkeitsfeldern von spezialisierten Jurist*innen. Das Institut für Rechtsinformatik der Uni Saarland bietet den in dieser Form bundesweit einmaligen Masterstudiengang »Informationstechnologie und Recht« an, in dem die Studierenden aktuellen Fragen an der Schnittstelle von IT und Recht auf den Grund gehen. Der Master richtet sich an Absolvent*innen aller Fachrichtungen. Jurist*innen »nichttechnischer« Studiengänge erhalten die wichtigsten technischen und praxisbezogenen Grundlagenkenntnisse für die Anforderungen der digitalen Welt. Absolvent*innen technischer Studiengänge werden in die Grundlagen des Rechts eingeführt. Infos unter llm.rechtsinformatik.saarland

Patentrecht – Tolle Idee?

Diese Nische fällt etwas aus der Reihe, denn beim Patentrecht steht die Ausbildung in der Rechtswissenschaft an kleinerer Stelle. Um hier aktiv zu werden sind in erster Linie ein Studium der Technik oder der Naturwissenschaften sowie praktische Erfahrungen gefragt. Die juristischen Skills lernt man entweder in einer Fortbildung z. B. im Fernstudium oder für Fleißige im richtigen Jura-Studium – hier reicht allerdings schon das erste Staatsexamen. Als Patentanwält*in ergeben sich Karrieren in Kanzleien und Unternehmen, aber auch als Beamte*r im Deutschen Patent- und Markenamt. Zu den Skills sollte neben technischem Verständnis auch eine große Menge Neugier gehören, um sich in einzelne Patentideen reindenken zu können.

Sportrecht – Höher, Schneller, Weiter

Aufgewacht! Werde aktiv im Sportrecht! Zwar brauchst du hier keinen durchtrainierten Body, Spaß an Sport wäre aber sicher nicht verkehrt, um dort eine erfüllende Karriere zu starten. Auf dich wartet ein bunter Mix aus den verschiedensten Jura-Schwerpunkten. Neben Themen wie Vereinsrecht, Beratung bei Spieler*innen-Deals und Sponsoring ist der Profisport besonders in Deutschland ein riesiger Wirtschaftsfaktor geworden. Auch dort solltest du bereits im Studium einen Schwerpunkt gesetzt haben durch Master oder Referendariate. Dann steht dir nichts mehr im Wege, deine Leidenschaft zum Beruf zu machen, denn: Seit 2019 kannst du auch deinen Fachanwält*innen-Titel im Sportrecht erwerben.

Urheberrecht – Das ist dein Werk!

Tausende junge Leute gingen im Jahr 2019 auf die Straßen, um gegen das umstrittene Urheberrecht- Diensteanbieter-Gesetz der EU zu demonstrieren. Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist das Urheberrecht eine der prominentesten Spezialisierungen im Rechtswesen geworden. Gerade durch die zunehmende Digitalisierung und das Wachstum Sozialer Netzwerke wird die Arbeit in diesem Bereich immer attraktiver. Einstiegsmöglichkeiten hast du dabei natürlich zum einen in der Kanzlei. Hier vertrittst du Unternehmen, Künstler*innen oder andere Privatklienten und schützt deren Werke vor Missbrauch und Raubkopie. Allerdings benötigst du hier ein dickes Fell, denn: Abmahnanwält*innen gehören durchaus nicht zu den beliebtesten Nischen der Justiz. Zum anderen erhöht sich auch die Nachfrage nach Syndikusanwält*innen. Datenschutz spielt spätestens seit Beschluss der DSGVO eine immer wichtigere Rolle in Unternehmen.

Mietrecht – Gute Lage

Na, auch auf Wohnungssuche? Auch am Verzweifeln über immer weiter steigende Preise für immer kleiner werdende Appartements? Dann kannst du bestimmt nachvollziehen, warum das Mietrecht stetig populärer wird. Dabei geht es allerdings nicht nur um dröge Standard-Angelegenheiten wie Mieterhöhungen – diese Dinge werden sowieso bald eine Sache für Legal Tech-Programme sein. Spannender wird es, wenn Themen wie Modernisierungmaßnahmen und Smart Homes zur Sprache kommen. Hier kommt es stark auf individuelle Einschätzungen seitens Rechtsexpert*innen an. Im Jurastudium bleibt das Thema Mietrecht allerdings immer noch häufig außen vor. Bei Interesse schaust du dich am besten für dein Referendariat in einer geeigneten Kanzlei um.

Erbrecht – Was steht im Testament?

»Der*Die Fachanwält*in für Erbrecht berät außergerichtlich in allen Streitfragen, die rund um das Thema Erben und Vererben auftauchen können. Hierzu gehören Fragen rund um die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft, Durchsetzung oder Abwehr von Pflichtteilsansprüchen, Auslegung unklarer Testamente etc. Sind die voranstehenden Fragen außergerichtlich nicht einvernehmlich zu klären, erfolgt eine Vertretung vor den Zivilgerichten, aber auch im Erbscheinverfahren vor den Nachlassgerichten, hier oftmals auch zur Klärung der Frage, ob ein Erblasser noch testierfähig war bzw. ein Testament gefälscht wurde. Der*Die Expert*in für Erbrecht ist zudem Ansprechpartner*in im Rahmen der gesamten Vermögensnachfolgeplanung. Die Beratung erfolgt zu Testamenten, Übergabeund Schenkungsverträgen, Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen sowie zu der Frage, ob eine Stiftung die richtige Wahl ist. Auch die Übernahme von Testamentsvollstreckungen gehört zum Tätigkeitsfeld.« Jan Bittler, Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge

Medizinrecht – Wie weit darf Heilung gehen?

»Das Medizinrecht ist ein vergleichsweise junges, aber sehr dynamisches Rechtsgebiet. Von der Impflicht über Triage bis hin zur Sterbehilfe beinhaltet es spannende, umstrittene und aktuelle Fragen. Dass es überhaupt zum Nischenbereich zählt, ist mit Blick auf das Volumen des Gesundheitssektors erstaunlich. Für die in diesem Bereich spezialisierten Jurist*innen ergeben sich vielfältige Tätigkeitsbereiche. Neben den klassischen straf- oder zivilrechtlichen Arzthaftungsfragen aus der Anwaltschaft eröffnen sich verschiedenste Chancen, u. a. in der Pharmaindustrie, in Krankenhäusern und insbesondere auch im öffentlichen Sektor, sei es in Verbänden, Berufskammern oder Ministerien. Besonders vielversprechend sind die Aussichten für diejenigen, die sich bei der Spezialisierung nicht ausschließlich auf die rechtlichen Kenntnisse konzentrieren, sondern auch die ethischen, politischen und ökonomischen Aspekte des Gesundheitswesens im Blick behalten.« Rechtsanwältin Nina Israel, Geschäftsführerin JurGrad gGmbH, Westfälische Wilhelms-Universität Münster


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