Ohne die Erfindung des Bitcoin wäre das Thema Blockchain heute längst nicht so präsent. Was überrascht: Die Technologie ist schon wesentlich älter, als jede Kryptowährung. Bereits 1991 programmierten die Wissenschaftler Stuart Haber und W. Scott Stornetta eine Software, die digitale Dokumente mit einem Zeitstempel versehen sollte, damit sie rückwirkend nicht mehr verändert werden können. Diese erste Blockchain war die Basis für viele technische Entwicklungen der nächsten 30 Jahre – nicht nur im Bereich der Kryptowährung. Viele Experten sind sich sicher: Die Blockchain-Technologie kann schon in der nahen Zukunft vieles verbessern oder sogar revolutionieren. Die folgenden Seiten sollen zeigen, wie das funktionieren könnte. In welchen Branchen gibt es Chancen für eine Anwendung? Ist der Hype in manchen Fällen vielleicht etwas zu groß? Und wie steht es um die Karrieremöglichkeiten für Informatiker?
Blockchain – Mehr drin als nur Bitcoin?!
Hast du Block?
Manchmal, wenn man an einem sonnigen Tag durch Frankfurt am Main spaziert und das Bankenviertel erreicht, reckt man ehrfürchtig den Kopf zu den Spitzen der spiegelnden Wolkenkratzer. Dort oben im Himmel über Frankfurt haben die großen deutschen Finanzinstitute ihren Hauptsitz. Nur wenige hundert Meter entfernt und direkt am Main gelegen: die Europäische Zentralbank (EZB). Auch in diesem gläsernen Bauwerk wird tagtäglich über horrende Summen entschieden. Für den Laien ist das oft nur schwer begreiflich: Was passiert da genau in diesen Hochhäusern? Wie funktioniert diese umfangreiche Verwaltung der Finanzen? Und ist es nicht vielleicht ein bisschen bedenklich, wenn alles »zentral« verwaltet wird? Gerade letztere Frage stellte sich immer öfter, nachdem ein Mensch beziehungsweise ein Kollektiv unter dem Pseudonym »Satoshi Nakamoto« den Bitcoin erfand – auf Basis der Blockchain-Technologie. Auch die mag für viele genauso schwer verständlich sein wie die Finanzverwaltung des Euro in der EZB. Jedoch besteht zwischen Bitcoin und der Blockchain ein relevanter Unterschied, in dem Fans von Kryptowährungen den großen Vorteil sehen: die Dezentralität. Statt der Speicherung von Daten und Transaktionen auf einem bestimmten Zentralcomputer wird alles Wichtige auf den Rechnern sämtlicher Netzwerkteilnehmer gespeichert. Taucht man im Internet in die Welt der Kryptowährungen ein und schaut sich die endlosen Videos an, in denen gescheite Herren im Karohemd einem die »Krypto-Revolution des Finanzmarktes« erklären, wird man ein wenig nachdenklich, wenn man am Fuße der EZB-Zentrale steht. Wird die Macht dieser Institutionen zukünftig schrumpfen? Viele sind sich sicher: In der Blockchain liegt die Zukunft – nicht nur für die Finanzwelt. Auch in anderen Branchen könnte die dezentrale Datenübertragung gewinnbringend eingesetzt werden. Von der Europäischen Zentralbank sind es nur ein paar Schritte bis zum Osthafen, wo minütlich Überseecontainer verwaltet werden. Der Gedanke liegt nahe: Kann die Blockchain auch dazu beitragen, globale Lieferketten zu reformieren? Fragen, denen auf den Grund gegangen werden muss
107,65 Terawattstunden. So hoch schätzt die Universität Cambridge den Stromverbrauch des weltweiten Bitcoin-Netzes 2022.
Erleichtert die Blockchain bald Technologie in allen Bereichen oder gibt es viel Lärm um nichts?
Sicherheit kennt keine Grenzen
Selbstverständlich darf nicht der Eindruck entstehen, dass durch die neuen technischen Entwicklungen im Finanzsektor die heutige Metropole Frankfurt in Zukunft ihren Status als »Mainhatten« verlieren wird. Im Gegenteil, wird auch hier intensiv geforscht, auf welche Weise man sich die Blockchain-Technologie zunutze machen kann. Im Norden der Stadt leitet Prof. Philipp Sandner an der Frankfurt School of Finance das Blockchain-Center – ein Think Tank, der sich auf die Forschung und Entwicklung der Technologie spezialisiert und Experten, Start-ups und Vertretern etablierter Unternehmen zum Austausch dienen soll. Prof. Sandner ist der Meinung, dass wir erst am Beginn der Möglichkeiten stehen. »Die Blockchain-Technologie ist gewissermaßen ein großes Register, in dem man digitale Assets speichern kann, so zum Beispiel auch den Euro, Aktien oder ähnliches. Durch sie bekommt der Wertpapierhandel in Deutschland ein höheres Maß an Effizienz, geringere Kosten und höhere Intermediäre.« Dass viele Unternehmen das Thema bereits heute auf dem Schirm haben, zeigt eine Umfrage des Wirtschaftsunternehmens Deloitte aus dem Jahr 2021. Knapp 1.300 Führungskräfte – insbesondere aus dem Bereich der Financial Services Industry (FSI) – wurden dazu befragt. Ganze 81 Prozent der Befragten geben an, dass Blockchain-Technologien eine Mainstream-Etablierung erreicht hat. Ein Großteil der Unternehmen sieht außerdem das eigene Geschäftsmodell langfristig bedroht, falls der rechtzeitige Einstieg in die Thematik verpasst werden sollte. »Es ist ein unglaublich wachsender Markt, mit unglaublich vielen Chancen«, erklärt Prof. Sandner. »Wer sich heute intensiv mit dem Thema Kryptowährung und Blockchain beschäftigt, der wird in den nächsten 30 Jahren nicht arbeitslos werden, weil der Markt unglaublich wächst und weltweit nachgefragt wird.« Viele begeisterte Pioniere der Szene erwarten, dass Systeme auf Blockchain-Basis bald global ausgebaut werden können. Voraussetzung und leider oft auch große Hürde: die rechtliche Grundlage.
Im Jahr 2023 sind über 8.700 Kryptowährungen im Umlauf.
Potenziale
Zwar gilt »Blockchain« bei vielen Regierungen als nützliches Buzzword für Zukunftspläne der nationalen Finanzstrategie, oft fehlt es aber noch an konkreten Regelungen und Strategien. Philipp Sandner ist sich sicher: Das juristische Fundament innerhalb Europas steht auf bereits sicheren Füßen: »Unternehmen wissen, was sie dürfen und was nicht. In anderen Teilen der Welt, beispielsweise Amerika, sind die Regeln noch unausgereifter. Deshalb tun sich manche Unternehmen dort noch etwas schwer.« Um den Blockchain-Standort Europa weiter aufzubauen und zu verfestigen, wurde das Projekt »Blockchain Europe« ins Leben gerufen. Mit der Etablierung eines Instituts in Dortmund soll der Ausbau der Technologie vorangetrieben werden – insbesondere in der Logistik und dem Supply-Chain-Management, wie Projektleiter Maximilian Austerjost erklärt: »Unsere Welt und unsere Wertschöpfungsketten werden immer komplexer. Ohne automatisierte Prozesse wird es in Zukunft nicht mehr gehen. Während Künstliche Intelligenz hier für lernende, sich selbst verstärkende und beschleunigende Prozesse sorgt, braucht es die Blockchain-Technologie, um Transparenz und Datensouveränität flächendeckend zu gewährleisten.« In erster Linie nimmt sich das Projekt die Bereitstellung und Orchestrierung von Open-Source-Software und Hardware zur Erprobung und Weiterentwicklung von Blockchain-Anwendungen vor. Auch der Austausch innerhalb der Community gehört zu den Grundsätzen, genauso wie Fortbildungen und Schulungen, um über das Thema aufzuklären. Unter anderem will »Blockchain Europe« dies mit einer Comic-Kampagne erreichen. In »Ledger Man« erklärt ein maskierter Zeichentrick-Superheld in bunten Panels das System Blockchain und deren Funktion in der globalen Logistik-Branche. Damit der Technikstandort Europa eine führende Rolle in der Blockchain-Technologie einnehmen kann, braucht es in erster Linie ein konkretes Regel-Umfeld, wie Austerjost erklärt: »Regierungen und Regulierungsbehörden müssen sich auf gemeinsame Standards und bewährte Verfahren einigen, um das Vertrauen in die Technologie zu stärken. Projekte wie die ›European Blockchain Regulatory Sandbox‹, die Rechtssicherheit für dezentrale Technologielösungen – einschließlich Blockchain – schaffen, indem sie Hindernisse für deren Einführung aus rechtlicher und regulatorischer Sicht ermitteln, gehen hier mit gutem Beispiel voran.« Auch die Zusammenarbeit und Vernetzung auf Ebene der EU-Mitgliedstaaten müsse dabei weiter gefördert werden. Austerjost hebt dabei vor allem Plattformen für gegenseitigen Wissensaustausch oder eine gemeinsame Ausbildungsstrategie in den Vordergrund, wie zum Beispiel beim EU-Projekt »Blocknet«. Vor allem die Förderung junger Talente müsse bei einem so aktuellen Thema wie der Blockchain eine große Rolle spielen. »Europa muss sicherstellen, dass es genügend Fachkräfte mit Kompetenzen in den Bereichen Blockchain, Künstliche Intelligenz und verwandten Technologien gibt«, so die Einschätzung des »Blockchain-Europe«-Projektleiters. »Dazu müssen Bildungseinrichtungen entsprechend ausgerichtet und Unternehmen und Start-ups bei der Rekrutierung von Talenten unterstützt werden.« An deutschen Hochschulen scheint das Zukunftsthema allerdings noch keine immense Rolle zu spielen. Das Blockchain-Center an der Frankfurt School of Finance ist eine Seltenheit. »Die Hochschulen haben das Thema verschlafen«, meint Prof. Sandner, »Wenn sie jetzt einsteigen würden, sind die Absolventen bis etwa 2028 fertig. Bis dahin beginnt der Markt sich zu verfestigen.« Sandner empfiehlt Interessierten, sich deshalb europaweit über Studiengänge zum Thema Blockchain zu erkundigen.
Viele Blöcke nur Fassade?
Vielleicht lassen viele Hochschulen aber auch Vorsicht walten. Einige Experten sehen beim Thema Blockchain nicht mehr als einen großen Hype, dem sich viele Unternehmen anschließen, um den Bericht zur Zukunftsstrategie etwas aufzuhübschen. Wie sieht es aus? Verrennen wir uns, wenn wir das Thema Blockchain als große Antwort für zukünftige Digitalisierungsprojekte nennen? Vertraut man der »Google Trends«- Seite, dann beginnt der Hype um das Thema Blockchain in der zweiten Jahreshälfte 2017. Ab diesem Zeitpunkt schießen die Suchmaschinen-Anfragen in die Höhe und bleiben bis heute auf einem relativ konstanten Niveau. Die Technologie hat eine Trendwelle losgetreten, auf der viele mitreiten wollen. Bei solchen Entwicklungen stellt sich schnell die Frage: Ist der Hype letztendlich größer als die realen Möglichkeiten? Wie bereits gezeigt, steckt ein großes Potenzial in der revolutionären Technik. Dennoch ist es natürlich wichtig, nicht alle Digitalisierungsprobleme mit einer Blockchain lösen zu wollen, wo eigentlich andere Konzepte besser funktionieren würden. Ein Beispiel dafür: Lieferketten. Schon allein die Bezeichnung liegt nahe, Probleme der Supplychain mit einer Blockchain zu lösen, doch gerade bei einem solch komplexen Gebilde wie dem weltweiten Produktions- und Logistiknetzwerk sollte ganz genau hingeschaut werden, wo welche technischen Innovationen sinnig eingesetzt werden können. »Ich glaube nicht, dass eine Blockchain die Supplychain in Gänze revolutionieren kann«, meint Falk Borgmann vom Hamburger Tech-Unternehmen Deepshore. »Ich glaube aber, dass sie Anstoß für einen Diskurs sein kann, an dessen Ende etwas Besseres steht als der Status quo.« Im Falle des Lieferkettensystems sieht Borgmann eine zu große Komplexität, als dass es durch den Einsatz einer dezentralen Blockchain-Lösung besser werden könnte. Ein Beispiel: Nehmen wir an, die Lieferkette eines T-Shirts soll durch den Einsatz einer Blockchain optimiert werden. Vom Baumwollfarmer über die Weberei und Kleidungsfabrik bis hin zum Klamottenladen in der Fußgängerzone sind eine Vielzahl an Stationen Teil der Lieferkette. Dabei fallen eine ganze Menge Daten an, die erst einmal bereitgestellt werden müssen. Hier liegt bereits ein erstes Problem vor. Viele Teilnehmer an der Supplychain wollen aus den verschiedensten Gründen nicht die Kontrolle über ihre Daten abgeben. »Es gibt mannigfaltige Prozesse, die nicht aufeinander abgestimmt und vereinheitlicht sind«, erklärt Falk Borgmann. »Das Problem ist nicht, dass es keine Technologie gibt, diese Daten zu kumulieren, sondern dass es die Daten entweder gar nicht oder nur in sehr schlechter Qualität gibt.« Infolgedessen schließt sich gleich die nächste Frage an: Wie würden diese komplexen Informationen, wenn es sie vollständig gäbe, implementiert werden? »Die Informationen entstehen außerhalb des Blockchain-Ökosystems, müssen aber im Blockchain-Ökosystem verarbeitet werden, um dort ihren Nutzen zu entfalten – und zwar immer dann, wenn sie entstehen«, erklärt Borgmann, »Welche Logik soll aber innerhalb der Blockchain diese Daten zusammenführen und weiterbearbeiten?« Auch die Frage nach der Obhut über ein so komplexes System stellt sich. Wer nimmt sich dieser gewaltigen Aufgabe an, programmiert das System und übernimmt bei eventuellen Fehlern die Haftung? Und ganz entscheidend: Ist der eigentliche Sinn des Systems überhaupt noch gegeben? Kritiker befürchten: Wenn eine einzige Kontrollinstanz über das Funktionieren der Blockchain wacht, hebelt sich der eigentliche Open-Source-Gedanke der Technologie von selbst aus. »Immer wenn so eine Entwicklung aus einem wirtschaftlichen Hintergrund angestoßen wird, gibt es auch ein wirtschaftliches Interesse. Und das widerspricht komplett dem dezentralisierten Gedanken«, fasst Falk Borgmann zusammen. Für den Informatiker mache der Einsatz einer Blockchain nur dann Sinn, wenn ihr ein wirklich verteiltes System zugrunde liegt und es nicht die eine Entität gibt, die die Kontrolle darüber hat. »Ich verstehe daher nicht, was dabei der Benefit sein soll. Technologisch und auch juristisch sind wir davon noch sehr weit entfernt.« Außerdem darf nicht vergessen werden, dass die Blockchain-Technologie, auch wenn in ihr einige Möglichkeiten für bessere Supply Chains stecken, am Ende eine gut digitalisierte Welt benötigt. Bei solchen global agierenden Systemen braucht es eine gut ausgebaute Glasfaser-Infrastruktur. Dass dies nicht nur ein Problem von Entwicklungsländern ist, sondern auch hier in Deutschland viele Digitalisierungsprojekte ausbremst, ist allgegenwärtig. Dieser Mangel an grundlegender Struktur lässt sich nicht wegdiskutieren und bremst die Entwicklung enorm aus. Andererseits hat die Geschichte schon oft genug bestätigt, dass sich manche Probleme mit der Zeit lösen, wenn die Wellen des Hypes langsam abklingen.
Work vs. Stake
Ein weiterer oft genannter Kritikpunkt an der Blockchain ist ihr angeblich extrem hoher Energieverbrauch. Dabei wird vor allem das System des Bitcoins ins Feld geführt. Um neue Blöcke zu generieren, wird hier der »Proof of Work« angewandt. Die sogenannten Miner müssen dabei Zahlenreihen erraten. Als Belohnung legen sie dadurch neue Bitcoins frei. Diese Rechenaufgabe fordert enorm viel Energie. Riesige Rechenzentren sind unentwegt damit beschäftigt, neue Blöcke zu generieren. Laut Recherchen der New York Times benötigen die 34 größten Mining-Zentren des Landes etwa 30.000 Mal so viel Strom wie ein durchschnittlicher US-Haushalt. Dieser fahle Beigeschmack haftet dem System Blockchain bis heute an, auch wenn mittlerweile viele neue Methoden entwickelt wurden. »Der hohe Energieaufwand betrifft nur den Bitcoin. Alles andere sind überholte Ansichten. Da gibt es unglaublich viel Irrglauben im Markt«, erklärt Prof. Philipp Sandner von der Frankfurt School of Finance. Eine der bekanntesten Alternativen zum »Proof of Work« ist der »Proof of Stake«. Bei dieser Methode spielt nicht die höhere Rechenleistung die entscheidende Rolle bei der Validierung eines Blocks, sondern der Anteil der Coins. Diese Methode ist deutlich energiesparender, hat aber wiederum andere Nachteile. Bei Nutzern, die weniger Coins haben, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, neue zu generieren. Auch der Sicherheitsaspekt und die Dezentralität gilt im Vergleich zum »Proof of Work« als geringer. »Die Frage ist immer, wofür man Energie und Hardware aufwendet«, meint Mario Oettler. Der Diplom-Volkswirt ist Projektmitarbeiter in der Fachgruppe Informatik an der Hochschule Mittweida. »Ein dezentrales, manipulationsresistentes Zahlungssystem ist meines Erachtens schon viel wert, sodass man auch einen entsprechenden Ressourceneinsatz rechtfertigen kann.« Wahrscheinlich gilt auch hier: Die richtige Lösung ist bisher noch nicht gefunden und braucht weitere Entwicklung. Gerade deshalb sind jetzt neue Talente und deren Ausbildung gefordert. Doch wo immatrikulieren sich Studierende am besten und wie gelingt der Karriereeinstieg? immatrikulieren sich Studierende am besten und wie gelingt der Karriereeinstieg?
Master of Chain
Interessierten, die sich mit dem Thema in ihrem Studium auseinandersetzen wollen, um darin später eine Karriere zu planen, sollten sich auf der Suche nach der Ausbildung genau umschauen. »Wer für sich entschieden hat, dass Blockchain etwas für den zukünftigen Karriereweg ist, der muss sich noch selbst darum kümmern«, meint Professor Sandner. »Der Studiengang, der dafür prädestiniert ist, ist die gute alte Wirtschaftsinformatik. Aber da wird das Thema Blockchain auch noch nicht intensiv behandelt. Bei der Frankfurt School haben wir jetzt einen Master gestartet, der ›Master in Blockchain and Digital Assets‹ heißt.« Auch Hochschulen wie die in Mittweida sind bereits auf den Zug aufgesprungen. Der Master »Blockchain and Distributed Ledger Technologies« verspricht, dabei technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen zu vereinen und sich so nicht nur auf Informatik zu konzentrieren. Auch Bachelorabsolventen aus den Bereichen Mathematik, Forensik oder Wirtschaftswissenschaften sollen sich hier verwirklichen können. »Allen Modulen gemein ist, dass die Inhalte auf der Höhe der Zeit sind. Lehrbücher sind beim Master-Studium Blockchain and Distributed Ledger Technologies eher die Ausnahme«, erklärt die Studiengangs-Homepage. »Die Anwendung der Blockchain schreitet so rasant voran, dass Buchinhalte meist nach kurzer Zeit überholt sind. Kürzlich veröffentlichte Paper und der wissenschaftliche Austausch bei Konferenzen sind die Hauptwissensquelle«. Laut Mario Oetler gibt es für IT-Begeisterte mit entsprechender Ausbildung in der Entwicklung der Blockchain-Technologie spannende Karriereoptionen: »Für Informatiker bietet sich die interessante Möglichkeit, direkt mit Werten zu arbeiten. Die Anforderungen an Entwickler unterscheiden sich nicht grundsätzlich von denen anderer Themen. Wichtig ist jedoch, dass man ständig auf dem Laufenden bleibt.«
Die Zukunft mitgestalten
Bleibt die Frage, in welchen Branchen sich die zukünftigen Blockchain-Experten verwirklichen können. Und gibt es eventuell auch Fachbereiche, die durch den weiteren Ausbau überflüssig werden? »Die Blockchain-Technologie wird dazu beitragen, neue Arbeitsplätze in der Entwicklung, Implementierung und Wartung von Blockchain-basierten Systemen zu schaffen«, prognostiziert Maximilian Austerjost von Blockchain Europe. »Es werden sich dadurch aber auch einige berufliche Tätigkeiten weiterentwickeln oder sogar obsolet werden.« Er nennt dabei unter anderem Intermediäre oder Mitarbeitende bei Behörden. Dort könne mehr Transparenz und Datensouveränität im Umgang mit Informationen und Dokumenten im öffentlichen Sektor gefördert werden. »Beispielsweise könnten Blockchain-basierte Systeme die Verwaltung von Grundbüchern und Wahlen erleichtern«, so Austerjost. »Es braucht engagierte Coaches, Berater und Trainer, um Unternehmen die Vorteile der Technologie näherzubringen. Darüber hinaus wird gerade der Bereich der Organisation von und in Blockchain-Netzwerken spannende Aufgaben für Berufseinsteiger bieten.« Prof. Sandner ist optimistisch, dass in der weiteren Etablierung der Technologie viele spannende Karrieremöglichkeiten warten – vor allem im Start-up-Bereich: »Gerade in Frankfurt gibt es zahlreiche Banken und Finanzdienstleister, die sich mit dem Thema beschäftigen. Auch Kanzleien und der Staat stellen Leute ein. Industriekonzerne und IT-Beratungen sind ebenfalls auf der Suche nach Talenten. Außerdem gibt es eine große Anzahl von Freelancern in dem Bereich.« Die große Botschaft für Interessierte heißt also: Dranbleiben, sich genau informieren und Potentiale einschätzen. Natürlich wird die Blockchain kein absoluter Heilsbringer für alles sein. Es kann jedoch viele Vorteile bringen, den Weg der aufstrebenden Technologie zu ihrer Etablierung zu begleiten und sie mitzugestalten.