Wenn einem auf der Autobahn ein großer Sattelschlepper voll beladen mit neuen PKW entgegenkommt, dann ist die Chance groß, dass es sich um E-Autos handelt. Doch während diese schon die Straßen bevölkern, fährt der LKW höchstwahrscheinlich noch mit fossilem Antrieb. Die Diskussion um die Zukunft der E-Mobilität kann noch so heiß sein, wenn nicht auch die nächste Generation Nutzfahrzeuge mit besprochen wird, ohne die kein einziger E-PKW über die Straßen rollen kann. Doch wie ausgereift ist die Elektrifizierung bei großen Nutzfahrzeugen?
Was treibt dich an?
Dieser Frage widmet man sich auch an der Fachhochschule Erfurt. Prof. Michael Lehmann forscht in der Fachrichtung Verkehrs- und Transportwesen und verfasste 2022 mit Vertretern anderer Hochschulen ein Arbeitspapier zu aktuellen technischen Erkenntnissen zum eHighway-System. Laut Lehmann gebe es derzeit mehrere konkurrierende Perspektiven: »Zunächst ist die Eingangsfrage zu klären, ob die Energie kontinuierlich (dynamisch) über eine Infrastruktur – beispielsweise Oberleitung, Stromschiene oder induktiv – bereitgestellt wird oder nur stationär an Ladepunkten verschiedener Leistungen – zum Beispiel MegaCharger für Schnellladung oder Depotladung mit geringerer Leistung. Für alle Konzepte gibt es Einzelfahrzeuge und Piloten.« Eher nachteilig schätzt der Experte dabei die Entwicklung der stationären Lösungen ein. Vor allem für LKW über 18 Tonnen hätten die Reichweitenbeschränkung und die häufigen Nachladestopps negative Auswirkungen. »Ebenso muss die gesamte Antriebsenergie aller Fahrzeuge in Batterien zwischengespeichert werden, was enorme Netzausbauten und Ressourcen für die Speicher bindet«, ergänzt Lehmann. Die meisten schweren elektrifizierten Nutzfahrzeuge würden dabei in Deutschland getestet.
Erste Schritte
Einen großen Schwerpunkt in die Entwicklung der Technik legt zum Beispiel DB Schenker. Bereits 2024 will das Logistikunternehmen mit dem E-LKW in Serie gehen. »Mit dem sukzessiven Ausbau unserer elektrischen Flotte können wir unser Ziel weiterverfolgen, weltweit der führende Anbieter für grüne Logistik zu werden«, plant Cyrille Bonjean, Head of Land Transport bei DB Schenker Europe. »Mit dem eActros LongHaul ist es nun möglich, auch auf der Langstrecke batterieelektrische Fahrzeuge in der Praxis einzusetzen.« Dabei soll ganz auf den Einsatz von Batterien mit Lithium-Eisenphosphat-Zelltechnologie die nach Angaben von DB Schenker eine hohe Lebensdauer haben und deutlich mehr Energie zur Verfügung stellen.
Ins Rollen bringen
Feldversuche wie diese sind definitv wichtige Meilensteine auf dem Weg zu rein elektrischen Nutzfahrzeugen. Experten, die sich hier in den Unternehmen engagieren sind daher heiß begehrt. Außerdem braucht es ITler und Ingenieure, die die schnelle Erweiterung der digitalen Infrastruktur planen und umsetzen. Prof. Martin Weidauer – ebenfalls FH Erfurt – empfiehlt weiter: »Einerseits müssen Konzepte und Strategien fortentwickelt und andererseits neue Technologien in den Markt eingeführt werden.« Bezüglich der Logistik sieht Weidauer großes Potential in der Entwicklung von Konzepten für die letzte Meile. Gerade hier blüht der Markt an Start-ups, die Innovationen entwickeln. Generell liegt es in der Hand junger Techniker, diese Wende zu bewältigen und Nutzfahrzeugen neuen Schub zu verleihen.