Klopapier. Ausgerechnet Klopapier suchten sich die Deutschen aus, als es zu Beginn des ersten Lockdowns darum ging, die eigene Unsicherheit durch das Hamstern haltbarer Güter zu kompensieren. Eine ungewohnt hohe Nachfrage – das ist mitunter ein Aspekt, den Logistikdienstleister, Industrie und Handel als Schwierigkeit während der Corona-Krise aufführen und als Ausprägung der Krise identifiziert haben . Aber abgesehen von manchmal leeren Regalen, in denen normalerweise haufenweise Zellulose-Papier, Mehl oder Hefe lagert, geht alles seinen Gang. Denn obwohl sowohl Stilllegungen in der Produktion oder Verknappung von Frachtkapazitäten die Logistik-Branche vor Herausforderung gestellt haben, war die Versorgung der Menschen zu keinem Zeitpunkt ernsthaft gefährdet, so Nikolai Posanok, Projektmanager bei BVL.digital.
Längst wird auch in der Logistikbranche digitalisiert. »Moderne Supply Chain Management Tools ermöglichen schnelle, sichere Entscheidungen auch in unsicheren Zeiten«, konstatiert Posanok. Dafür werden Technologien wie IoT genutzt, die zur Verbesserung der Lieferketten- Transparenz beitragen oder Künstliche Intelligenz, um bestimmte Ereignisse genauer vorherzusagen. Durch die Auswertung historischer Daten, unter anderem auf Grundlage des Wetters, kann beispielsweise ein Online-Händler schon 95 Prozent der Artikel vorhersehen, die zukünftig bestellt werden. Dementsprechend passt er seine Bestandsplanung an.
Generell gilt: Je transparenter die Lieferkette ist, umso leichter lassen sich Engpässe erkennen und Maßnahmen einleiten. Eine Corona-Pandemie könne zwar auch der beste Algorithmus nicht vorhersehen, ist sich Posanok sicher, aber digitale Lösungen unterstützen die Unternehmen auch in solch schweren Zeiten.
In einer Umfrage von BVL.digital, die im Sommer 2020 durchgeführt wurde, geben 64 Prozent der Teilnehmenden an, dass ein höherer Digitalisierungsgrad die negativen Auswirkungen der Pandemie reduziert hätte. Als besonders hilfreich wird Software zur Unterstützung der Logistikprozesse gesehen – zum Beispiel Transport- oder Warehouse Management Systeme. Beinahe genauso beliebt ist allgemeine Unternehmenssoftware zur Planung von Produktion oder zur Absprache mit anderen Unternehmen. 76 Prozent stimmten außerdem zu, dass Corona ihr Digitalisierungsvorhaben beschleunigt hat. Dem kann Nikolai Posanok nur zustimmen. Im Kern seien die Veränderungen aber schon vorher dagewesen – vor allem die Megatrends Digitalisierung und Automatisierung.
Kein Wunder, dass ITler*innen längst nicht mehr von der Logistikbranche wegzudenken sind. Nahezu alle Prozesse im Lager sind heutzutage durch automatisierte Robotik-Lösungen abbildbar: von der automatischen Entladung am Wareneingang über selbstfahrende Transportsysteme, intelligente Regalbediengeräte bis zur eigenständigen Kommissionierung am Warenausgang. »Es gibt keinen Bereich, wo junge MINT-Absolvent*innen so schnell, so viel Verantwortung bekommen, und Prozesse planen, steuern und optimieren können«, ist Posanok überzeugt. »Ich erlebe das tagtäglich in Gesprächen mit Young Professionals aus unserem Netzwerk.«
Eine Branche, die innerhalb der Logistik als vielversprechend für dieses Jahr bewertet wird, ist die Chemie und Pharma-Industrie. Nach einem geringen Einbruch 2020 wird 2021 mit starkem Wachstum gerechnet. Sollten die wirtschaftlichen Einbußen bei den Kund*innen nicht noch gravierender ausfallen, gilt dasselbe für den Bereich Handel und Konsum. Hier wird die Konjunktur vor allem durch den E-Commerce angekurbelt. Mit Verzögerung von einem Jahr sind sich die Experten auch sicher, dass die Maschinenbau- und Elektrobranche wieder Wachstum verspricht. Gerade zeichnen sich dort jedoch, ebenfalls wie in der Automobilbranche, gravierende Probleme ab. Zur Toilettenpapierindustrie wird in der Stellungnahme leider kein Bezug genommen. Die Nachfrage wird jedoch auch hier schätzungsweise stabil bleiben.