Deutschland – Das Land der Gründer und Erfinder
Zumindest gehört Deutschland – rein statistisch gesehen – weltweit zu den 20 besten Ländern, um ein Unternehmen zu gründen. 2021 wurden rund 587.400 Gewerbe, sogenannte Neuerrichtungen, angemeldet. Vielleicht befindest du dich noch mitten im Studium oder bist gerade in den letzten Zügen und stellst dir die Frage »Was kommt eigentlich danach?« Gerade die Generationen Y und Z arbeiten nicht nur, um Kohle ranzuschaffen. Vielmehr wollen sie sich im Job selbst verwirklichen und bei ihrer Tätigkeit einem tieferen Sinn nachgehen. Das Arbeitsklima und der Arbeitsplatz sollten auch angenehm sein und mit den Kollegen versteht man sich so gut, dass es sich anfühlt, als würde man mit Freunden zusammenarbeiten. Die Lösung: Am besten sein eigener Chef sein! Genial, oder? Aber ist das so easy? Muss ich nur eine gute Idee haben und dann ist das Ganze ein Selbstläufer? Welche Fragen sollten sich angehende Gründer zu Beginn stellen? Was ist der Unterschied zwischen Geschäftsmodell, Geschäftsidee und Businessplan? Wie finanziere ich das Ganze eigentlich? Und da war doch mal was mit AG, GmbH, OHG, GbR, … – welche Rechtsform passt zu meinem künftigen Unternehmen? Viele Fragen, auf die du im Folgenden bestimmt Antworten findest. Außerdem: Du bist nicht allein. Junge Gründer erzählen von ihrem Start in die Selbstständigkeit!
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Die meisten erfolgreichen Unternehmen haben ihren Ursprung in einer kleinen Idee. Oft ist man am Anfang euphorisch und von der eigenen Idee so überzeugt, dass man am liebsten direkt loslegen möchte. Aber gerade an diesem Punkt ist es wichtig, dem Thema besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Denn mit der Geschäftsidee steht und fällt das künftige Unternehmen. Über folgende Punkte solltest du dir auf jeden Fall Gedanken machen, um herauszufinden, ob deine Geschäftsidee Bestand hat. Deine Dienstleistung oder dein Produkt ist die Lösung für ein relevantes Problem, für das es noch keine Lösung auf dem Markt gibt. Die Nachfrage ist so hoch, dass du von den Umsätzen leben kannst. Deine Idee sollte bei der Zielgruppe genauso ankommen, wie du dir das vorstellst. Und zu guter Letzt solltest du dich mit der Geschäftsidee nicht übernehmen. Deine Idee muss zu deinen eigenen Fähigkeiten und zu deiner Persönlichkeit passen. Du willst es schließlich auch überzeugend an den Mann oder an die Frau bringen. Step eins, Haken dran. Weiter geht's mit dem Geschäftsmodell. Es ist wichtig, nicht nur über das Angebot nachzudenken, sondern das Unternehmen als Gesamtes im Blick zu haben. Dazu zählen zum Beispiel auch die Bereiche Herstellung, Vertrieb, Unternehmenswerte, Kundenfeedback, etc. Und wieso braucht es dafür ein Modell? Planung ist die halbe Miete. Wenn du dir davor bewusst machst, welche Bereiche für den Erfolg des Unternehmens wichtig sind, kannst du bei Problemen oder Stolpersteinen an den richtigen Stellschrauben drehen.
Der Businessplan. Idee, check. Geschäftsmodell, check. Der Businessplan ist wie eine Art Ablaufplan zu verstehen. Auf welche Art und Weise willst du dein Ziel erreichen und für wen? Für dich, deine Geldgeber, das Arbeitsamt oder deine Geschäftspartner? Die Rechtsform deines Unternehmens stellt das juristische Gerüst dar. Zudem regelt sie Haftungsangelegenheiten, wie Gesellschafter zueinander stehen und welche Steuern anfallen. Aber keine Panik! Die perfekte Rechtsform auf Dauer gibt es nicht. Sobald sich Ansprüche und Unternehmensstrukturen ändern, kann die Rechtsform dementsprechend angepasst werden.
Und wer soll das alles zahlen? Eine Faustregel besagt, dass etwa 20 Prozent des Kapitalsbedarfs bei Gründung aus Eigenkapital bestehen sollte. Neben staatlicher Förderung, Bankkredit, Beteiligungskapital und Stipendien gibt es auch die Möglichkeit, einen Crowdfunding- oder Crowd-investingaufruf zu starten. Aber Achtung: Je nachdem woher du die Kohle bekommst, unterscheiden sich das Mitspracherecht der Kapitalgeber und mögliche Rückzahlungsmodelle beziehungsweise -auflagen.
Du wurdest daraus nicht sehr viel schlauer? An vielen Unis gibt es Servicestellen und Initiativen, die junge Gründer unterstützen. Oder wie wär's mit dem Sprung ins kalte Wasser. Informiere dich im Internet. Viele Firmen schreiben gezielt Start-up-Wettbewerbe aus, um jungen Gründern einen Schubs zu geben. Häufig winken Kooperationen und Preisgelder, die dein Start-up weiterbringen können.
Johannes, Bastian und Tim – Gründer von aptone
Wenn ihr die Zeit zurückdrehen könntet, was würdet ihr anders machen?
»Davon abgesehen, dass es wichtig ist, eigene Erfahrungen und vor allem auch Fehler zu machen, gibt es sicher eine Menge Dinge, die wir anders machen würden, wenn wir die Zeit zurückdrehen könnten. Denn im Nachhinein ist man natürlich immer schlauer. Einer der wichtigsten Punkte, den wir für angehende Gründer*innen mit auf den Weg geben wollen, bezieht sich vor allem auf Software-Produkte, kann aber sicher auch auf andere Business-Cases übertragen werden. Und zwar würden wir noch früher Produkt-Feedback einholen. Wir haben schon recht zeitig damit begonnen, unsere Produktidee anhand eines Click-Dummies zu testen. Danach sind wir in die Entwicklung gegangen, aber der Zeitpunkt bis wir Feedback zum echten Produkt einholen konnten, hat sich immer weiter nach hinten hinausgezögert. Das größte Hindernis, früher raus zu gehen, war der eigene Anspruch. Und obwohl wir selbst agiles und iteratives Arbeiten predigen, ist es uns schwer gefallen, auch ein ›unfertiges‹ Produkt an verschiedene User zum Testen zu geben. Wie sich dann herausgestellt hat, werden gewisse Features in Real-Life dann nicht so angenommen, wie wir sie ursprünglich mit dem Prototyp getestet haben. Umso wichtiger ist es, frühzeitig so realitätsgetreues Feedback einzusammeln wie nur möglich – auch, wenn das bedeutet, dass nur ganz wenige Features vorhanden sind.«
Was sollten Gründer unbedingt auf dem Schirm haben?
»Vor allem die verschiedenen Fördermöglichkeiten. Insbesondere an Hochschulen und Universitäten gibt es häufig Angebote, die dabei helfen, die eigene Idee voranzubringen. Als Alumnis der TH Köln konnten wir uns beispielsweise über das Gateway (Gründungsservice der Kölner Hochschulen) auf das EXIST-Gründerstipendium bewerben. Erst durch das Stipendium konnten wir unsere Jobs kündigen und unser Start-up als Vollzeitjob wahrnehmen. Ob Stipendien, Office-Space oder einfach nur Coaching – es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die gerade in der Anfangsphase helfen und die kostenlos in Anspruch genommen werden können.«
Mehr Infos unter www.aptone.io
Marius, Maria und Ka Hou – Gründer von Noxon
Maria, wie habt ihr drei Gründer zueinander gefunden?
»Wenn man mit einer Idee startet, vor allem im technischen Bereich, kommt man oft allein nicht weit. Ich hatte damals starke Rückenschmerzen, weshalb ich die Idee hatte, textile Sensoren zu entwickeln, die ich bequem im Alltag tragen kann. Unser Ziel: mehr Informationen über muskuläre Verspannungen im Rücken zu bekommen. Als ich zusammen mit meinem Professor die ersten textilen Sensoren gedruckt hatte, wusste ich weder, ob diese funktionieren, noch wie ich sie auswerten sollte. Wenn ich nicht weiterkomme, frage ich meistens meine Freunde und Familie um Rat. So kam es, dass mein Bruder Marius (Physiker) und bester Freund Ka Hou (Elektrotechniker) mir angeboten haben, bei der Auswertung der Sensoren zu helfen. Zusammen haben wir es dann geschafft und das Ergebnis war so gut, dass aus uns ein echtes Team geworden ist.«
Welcher Moment war für euch ausschlaggebend dafür, ein eigenes Start-up zu gründen?
»Es war am 19.04.2021, Marius, Ka Hou und ich haben die Sensoren in eine Armbandage integriert und diese an meinem Bizeps getestet. Am anderen Arm waren dieselben Elektroden befestigt, nur konventionell mit Kabel und Gel. Ich habe dann beide Arme angespannt und es erschienen die gleichen Messergebnisse. Fantastisch! In derselben Woche haben wir unseren Prototyp Ärzten gezeigt. Die Begeisterung, die uns dort entgegenkam, hat uns weiter bestärkt. Nach dieser Woche haben wir dann entschieden, zu gründen.«
Wenn ihr die Zeit zurückdrehen könntet, was würdet ihr anders machen?
»Wir hätten schon früher an das Potenzial unsere Entwicklung glauben sollen, aber haben es erst geglaubt, als starke Partner mit eingestiegen sind. Dabei liegt das größte Potenzial nicht in den Partnern, sondern in uns.«
Aus Sicht einer weiblichen CEO, was würdest du vor allem jungen Frauen – die mit dem Gedanken spielen ein Unternehmen zu gründen – ans Herz legen?
»Ich denke es ist wichtig, selbstsicher aufzutreten, obwohl man vielleicht einige Dinge zum ersten Mal macht. Es gibt keinen Grund dafür unsicher zu sein. Man hat eine Idee und steht dahinter. Es erfordert viel Mut, diese durchzusetzen – allein das verdient Respekt. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, wenn man als junge CEO im Alter von 24 pitcht, werden viele immer noch im ersten Moment stutzig reagieren, aber die meisten sind vor allem neugierig und wollen wissen was dahintersteckt. Das sollte man sich zum Vorteil machen, denn wenn jemand neugierig ist, dann hören die Leute genauer hin.«
Würdet ihr es wieder tun?
»Na sicher, was gibt es Besseres, als an seinem Herzensprojekt zu arbeiten.«
Mehr Informationen unter www.noxon-clothing.de
Vincent, Paul, Philipp und Max – Gründer der Jake's Beverages GmbH
Welche Argumente sprechen klar für das Gründen?
»Bei uns war das die Leidenschaft für das Produkt, die uns schlussendlich auch zum Gründen der eigenen Firma bewegt hat. Klar hat man vor einer solchen Reise Bedenken, aber wir können aus Erfahrung sagen, dass es sich lohnt. Es mag nicht immer einfach sein, zu gründen, deshalb ist es umso wichtiger etwas zu finden, wofür man richtig brennt. Zudem ist uns Freiheit und Unabhängigkeit im Arbeitsumfeld wichtig. Also die eigenen Entscheidungen zu treffen - egal wie sie ausfallen. Das tolle daran ist, man hat seine eigene Zukunft in der Hand und das will keiner von uns missen. Das gemeinsame Arbeiten mit Freunden ist auch eine unglaubliche Bereicherung im Leben. Das ist oft nur der Fall, wenn man gemeinsam gründet.«
Brauchen potenzielle Gründer bestimmte Skills, um erfolgreich ein Unternehmen aufzubauen?
»Grundsätzlich braucht es unserer Meinung nach keine besonderen Skills, um ein Unternehmen zu gründen. Da geht man einfach zum Notar und sagt, man möchte gründen. Viel wichtiger ist es, sich stetig weiterzuentwickeln, sich zu hinterfragen und von Erfahrungen anderer zu lernen. Da muss man sein ›Gründer-Ego‹ mal hinten anstellen. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, nie die eigene Vision aus dem Blick zu verlieren. Dadurch optimiert man sein Unternehmen und schafft besondere ›Unternehmens-Skills‹ für einen Wettbewerbsvorteil. Um natürlich schneller und effektiver voranzukommen, ist es sinnvoll, wenn die Fähigkeiten des Gründerteams zur Geschäftsidee passen.«
Welche Dinge sollten Gründer unbedingt auf dem Schirm haben?
»Unternehmer*innen stehen am Anfang der Gründung vor vielen Herausforderungen. Einige sind dabei noch gar nicht sichtbar. Vor allem bei den Finanzen können viele Tücken auftreten. So schafft man es ohne eine angemessene Finanzierung oft nicht weit. Auch kommen ungeplante Kosten auf das Unternehmen zu oder man fällt trügerischen Angeboten zum Opfer – da muss man einfach auf die Finanzen acht geben. Zudem muss das Unternehmen atmen. Das schafft man nur über Vertrieb. Deshalb muss man als Unternehmen verkaufen können und damit Gewinne erwirtschaften. Das richtige Team ist gold wert, heißt es so schön. Dem stimmen wir voll und ganz zu. Es wichtig, genau auszuwählen, mit wem man diese Reise geht. An einem unpassenden Team zerbrechen Unternehmen.»
Mehr Infos unter www.jakeslemonade.de
Christian Kannenberg, Geschäftsführer des Expertennetzwerks Deutschland – Gründer und Träger der »Initiative Deutschland startet«
Haben Sie das Gefühl, dass es heutzutage einfacher als vor 30 Jahren ist, ein Unternehmen zu gründen?
»Es ist heutzutage definitiv einfacher, ein Unternehmen zu gründen, als noch vor 30 Jahren, da es sehr viel Unterstützung bei der Gründung gibt. Dies beginnt mit spezifischen ›Entrepreneurship‹-Studiengängen, die einem sehr gutes theo-retisches Wissen vermitteln, zudem gibt es sehr viel individuelle Beratung von Acceleratoren, Start-up Inkubatoren und Gründungsberater*innen, die einem bei der Entwicklung des Geschäftsmodells, der Konzeption des Businessplans oder der Finanzierung helfen. Zudem ist die Landschaft an Venture Capital Institutionen und Business Angels in den letzten Jahren stark angewachsen und es gibt spezifische Gründerkredite von der KfW, die einem den operativen Start erheblich erleichtern können.«
Womit haben angehende Gründer ihre größten Probleme?
»Insbesondere jüngere Gründer*innen verfügen natürlich nicht über größere finanzielle Mittel, um eine Gründungsidee zu realisieren. Daher ist das Thema der Finanzierung sicher die größte Herausforderung. Zudem besteht natürlich viel Unsicherheit, ob man nun direkt einen Investor mit an Bord holen sollte, oder ein Gründerdarlehen beantragt oder z. B. eine Crowdfunding-Kampagne initiiert, um das notwendige Kapital einzusammeln.«
Welchen Rat würden Sie jungen Gründern gerne mit auf den Weg geben?
»Manchesmal fehlt einfach der Mut, ein Vorhaben einfach mal konkret anzugehen, eine Festanstellung scheint für viele Absolvent*innen der vermeintlich sicherere Weg zu sein. Wenn es eine gute Idee gibt, sollte definitiv versucht werden, diese in die Praxis umzusetzen. Man lernt dabei sehr viel, von dem man ein ganzes Leben lang profitieren kann. Nicht selten führt erst die zweite oder dritte Idee dann wirklich zum Erfolg – dann sind die Freude und der Stolz über das Erreichte aber umso größer.«
Mehr Infos unter www.deutschland-startet.de
Dominik von »Perfood«
Was motiviert dich an Challenges teilzunehmen?
»›Wenn dir jemand ein Mikrofon hinhält, greif es und nutze die Chance über dein Unternehmen zu sprechen!‹, sagte mir ein erfahrener Gründer ein paar Wochen, nachdem wir mit ›Perfood‹ gestartet waren. Ich war nie der Typ fürs Rampenlicht, weshalb mir dies immer schwer viel. Als Start-up ist Reichweite wichtig, um Kunden, Investoren und Mitarbeiter anzusprechen. Auch wenn der Schreibtisch eines Gründers nie leer ist, versuche ich bis heute bei Gründerpreisen teilzunehmen. Als Gründer bist du der erste Repräsentant deines Start-ups, deiner Vision, deiner Geschichte. Erzähle sie. Erzähle sie vielen Menschen und erzähle sie häufig. Kein Wettbewerb wird dir zum Durchbruch verhelfen. Kein Preis sagt aus, ob du erfolgreich bist oder nicht. Aber die Summe der Teilnahmen gibt dir wertvolle Übung darin, deine Geschichte so zu erzählen, dass man sich an sie erinnert. Und, falls es hin und wieder mit dem Preis klappt, bekommst du wertvolle Reichweite, manchmal Geld und hin und wieder Serendipität.« Mehr Infos unter www.perfood.de