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Wegbereiter … Personentransport von morgen

Aufsteigen, bitte! Nächster Halt: Künstliche Intelligenz & Smart Technologies. Welche Rolle spielen die Ings beim Personentransport von morgen?

Ein Schwenk mit dem Zauberstab und der Fahrende Ritter saust heran oder ein fliegender Ford Anglia, der jeden Stau überspringen kann: Berufspendler und Harry Potter Fans träumen davon. Die Mobilität heute lässt sich nicht mit diesen magischen Transportmitteln vergleichen. Noch nicht – kluge Köpfe arbeiten dran. Und wenn man in London von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten fährt, die Oyster Card an der U-Bahn-Station nur kurz an den Scanner hält und das Smartphone die beste Route zum Ziel berechnet, ist das schon ein bisschen magisch. Es gibt noch viel zu tun auf unseren Straßen und Wegen, bis der Personenverkehr effizient fließen kann. Ziel sei es, laut Aktionsplan des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), dass in Zukunft eine mitdenkende Infrastruktur dabei hilft, Verkehrsflüsse so zu lenken, dass Staus nicht entstehen und durch vernetzte Fahrzeuge die Parkplatzsuche entfällt. Künstliche Intelligenz soll die Simulationen für die Vorhersage von Verkehrsflüssen verbessern und fahrzeuggenau berechnen. Diese Entwicklung klappt natürlich nicht ohne qualifizierte Leute: »Typischerweise kommen viele Kolleg*innen aus den Bereichen (Wirtschafts-)Informatik, Ingenieurwesen, Physik und Mathematik«, gibt Dr. Thomas Thiele, Chief Expert AI der Deutschen Bahn AG, an. Sein Kollege und Re-cruiter für Ingenieure und technische Akademiker, Niko Georgiadis, berichtet, dass der Bedarf an Arbeitskräften steigen werde und es sehr gute Einstiegschancen für Ingenieur*innen geben werde, beispielsweise im Programm »Digitale Schiene Deutschland«.

Einsatzbereiche

Volle Straßen, Stau und lange Wartezeiten – drei Probleme der Mobilität von heute. Künstliche Intelligenz und smarte Technologien versuchen, diese Bereiche – und natürlich viele weitere – zu verbessern. Marc Fliehe ist Leiter des Bereichs Digitalisierung beim TÜV-Verband und berichtet, dass es schon heute kaum einen Bereich des Personentransports gebe, der ohne KI auskomme; als Beispiele nennt der Experte die Routennavigation, die live alternative Routen vorschlagen kann. Im Auto selbst gibt es auch großes Potenzial für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz: Mit Hilfe der Innenraumbeobachtung kann KI erkennen, wenn ein Fahrer müde wird oder abgelenkt ist. Das System der Robert Bosch GmbH warnt in solch einem Falle den Fahrer und schlägt eine Pause vor, erklärt die Personalmanagerin Sabine Schubert. Das System sei außerdem auch in der Lage, das Fahrzeug abzubremsen. Für faszinierende Lösungen wie diese sucht das Unternehme unter anderem Softwareentwicklerinnen und Softwareentwickler. Ein weiteres praktisches Beispiel nennt Reinhard Karger vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI): Die Erkennung von Verkehrsschildern. Der Unternehmenssprecher erklärt, dass bei diesem Assistenzsystem eine Mustererkennung zum Einsatz komme, »die sehr schnell und mittlerweile auch sehr verlässlich arbeitet und so in der Lage ist, kritische Situationen zu identifizieren, die Fahrer und Fahrerinnen zu warnen oder auch entsprechende Aktionen selber einzuleiten.« Fern der Straße gibt es laut Dr. Thiele für Künstliche Intelligenz auch auf der Schiene breit gefächerte Einsatzmöglichkeiten: »Wir haben ein KI-basiertes Werkzeug entwickelt, das die Disponent*innen der S-Bahn dabei unterstützt, den Verkehr im Störungsfall noch effizienter zu steuern.«

Handwerkszeug

Industrielle künstliche Intelligenz findet in einem großen Raum statt. Es gibt nicht die eine Fähigkeit, um erfolgreich zu sein. Smarte Technologien erfordern neben der fachlichen Kompetenz auch soziale Komponenten, »zum Beispiel Verantwortungsbewusstsein, Team- und Kommunikationsfähigkeit«, erklärt Personalmanagerin Schubert. Kenntnisse aus der Informatik und Statistikwissen, sei für den Einstieg im KI-Umfeld immer hilfreich, gibt Marc Fliehe an. »Das KI-Umfeld ist sehr breit und je nach Anwendungsbereich sind unterschiedliche Fähigkeiten gefragt, um in disziplinübergreifenden Teams an KI-Anwendungen zu arbeiten«, fährt der Digitalisierungs- Experte fort. Ergänzend erklärt Dr. Thiele, dass Programmierkenntnisse wichtig seien, man aber nicht der Crack schlechthin sein müsse: »Das Grundverständnis muss da sein, um bei der Softwareentwicklung mitreden zu können. Das gilt genauso für zentrale Konzepte datenbasierter KI, etwa Data Science oder maschinelles Lernen.«

Einstiegsmöglichkeiten

Der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitenden sei im Bereich KI besonders groß, weshalb Ingenieure und Ingenieurinnen sehr gesucht sind, weiß Branchenexperte Reinhard Karger. Laut MINT-Herbstreport 2021 fehlen 276.900 MINT-Fachkräfte. In den kommenden Jahren wird erwartet, dass aus Altersgründen jährlich weitere 62.200 MINT-Akademiker aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. Fachkräfteengpässe sollen sich laut Prognose des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales langfristig bis 2030 vor allem in Berufen zeigen, die eine hohe Expertise der Informations- und Kommunikationstechnologien verlangen. Dem Fachkräftemangel im Bereich der Künstlichen Intelligenz wirkt die Bundesregierung mit ihrer Strategie »AI Made in Germany« entgegen: Es wurden ressortübergreifende Förderprogramme und Initiativen gestartet, um Deutschland zu einem führenden Standort der Künstlichen Intelligenz zu machen. In diesem Rahmen sollen – laut der zwölf Handlungsfelder der Strategie – bis 2024 neue Lehrstühle für Künstliche Intelligenz geschaffen werden, um die Rahmenbedingungen für KI in Deutschland zu verbessern und besonders bei jungen Menschen ein Verständnis für die Technologie zu schaffen. Ziel für die Mobilität 4.0 im Strategiepapier der Bundesregierung ist »die Entwicklung innovativer Ansätze zur KI gestützten Aufbereitung und Analyse großer Datenmengen für Echtzeitanwendungen und Prognosen für vernetzte und digitale Mobilitätsdienste.«

Die Unternehmen steuern dem Fachkräftemangel mit eigenen Programmen entgegen: Das »Bosch Center for Artificial Intelligence« beispielsweise arbeitet an erklärbaren, sicheren und robusten KILösungen und sucht dafür Fachkräfte verschiedener Disziplinen. »Bis 2025 sollen alle Produkte des Unternehmens über Künstliche Intelligenz verfügen beziehungsweise damit entwickelt oder hergestellt werden«, erklärt Sabine Schubert. »Wir wollen den Zukunftsbereich KI aktiv mitgestalten und suchen dafür Leute, die mit uns zusammen daran arbeiten wollen«, fährt sie fort. Gemein haben alle Stellen, dass Begeisterung für zukunftsorientierte Lösungen vorhanden sein sollte. Laut der Personalmanagerin müssen Bewerberinnen und Bewerber für Technik brennen, die die Lebensqualität der Menschen verbessert. Denn die KI-Produkte sollen das Leben sicherer, einfacher und komfortabler machen.

Zur Vereinfachung soll auch ein Modellprojekt des Nürnberger Verkehrsverbunds VGN beitragen: Ab Mitte 2022 testet der Verbund einen neuen E-Tarif, mit dessen Hilfe die Fahrpreisermittlung für die Bürger vereinfacht und gleichzeitig automatisiert werden soll. Ähnliche Systeme gibt es beispielsweise mit der Oyster Card im Großraum London: Laut Statista nutzten im Januar 2020 etwa 64,57 Millionen Menschen das britische System. Das elektronische Ticket im Scheckkartenformat vereinfacht die Mobilität in der Stadt erheblich – die Karte wird beim Ein- und Ausstieg in die U-Bahn oder den Bus jeweils gescannt und berechnet automatisch den günstigsten Tarif. Das sogenannte »Pay-as-you-go«-Verfahren rechnet zunächst jede Strecke ab – smart wie der elektronische Fahrschein ist, erkennt er zugleich, wenn die Kosten für ein Tagesrespektive Monatsticket erreicht sind und überschreitet diese Tarifgrenze nicht. Das ist super, um sich unbeschwert durch die Stadt zu bewegen – und wer weiß, vielleicht benötigen wir in ein paar Jahrzehnten gar keinen Verkehr mehr, da wir uns klimafreundlich durch die Gegend beamen können. Glaube daran!

 


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